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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich Fragen zur Auskunftspflicht einer privaten Krankenversicherung (PKV) bezüglich zurückliegender Beitragsanpassungen (BAP) geklärt.

Ein Versicherter wollte überprüfen, ob die vergangenen Beitragsanpassungen seiner PKV rechtmäßig waren, und stellte seiner Versicherung einen Antrag auf:

  • Auskunft über sämtliche Beitragserhöhungen in den Jahren 2013 bis 2016, inklusive entsprechender Unterlagen.
  • Informationen über die Höhe der Beitragserhöhungen unter Angabe der jeweiligen Tarife.
  • Die ihm zugesandten Schreiben mit den Begründungen, Nachträgen zum Versicherungsschein und den Beiblättern.

Der Versicherte reichte diesen Antrag als Teil einer sogenannten Stufenklage ein, in der er unter anderem die Feststellung der Unwirksamkeit bestimmter Erhöhungen und die Zahlung eines noch festzulegenden Betrags beantragte.
Die Versicherung widersetzte sich dem und hatte in den vorherigen Instanzen teilweise Erfolg.

Der BGH zum Thema Auskunftsklage

Der BGH entschied, dass das Rechtsschutzbegehren in Form einer Stufenklage gemäß § 254 der Zivilprozessordnung unzulässig sei, da es dem Versicherten nicht darum gehe, einen Anspruch zu quantifizieren, sondern vielmehr darum, festzustellen, ob überhaupt ein Anspruch bestehe.
Dennoch sei die Auskunftsklage an sich zulässig, so der BGH. Der Antrag auf Auskunft könne in eine separate Klage umgewandelt werden, die von der Stufung unabhängig ist. Die Richter betonten ebenfalls, dass ein berechtigtes Interesse an der geforderten Auskunft bestehe, da diese benötigt werde, um die Rechtmäßigkeit früherer Beitragserhöhungen zu prüfen und festzustellen, ob der Versicherte Anspruch auf Rückerstattung hat.

Auskunft aus Treu und Glauben begründet

Im Urteil (IV ZR 177/22) wird erklärt, dass ein Versicherungsnehmer unter bestimmten Voraussetzungen aus Treu und Glauben einen Anspruch auf Auskunft über zurückliegende Beitragsanpassungen haben kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherte nicht mehr im Besitz der relevanten Unterlagen ist und die benötigten Informationen nicht auf zumutbare Weise beschaffen kann. Der BGH betont jedoch, dass der Versicherte darlegen und beweisen muss, warum er über sein Recht im Unklaren ist, unter Berücksichtigung der Gründe für den Verlust der Unterlagen.
Allerdings kann ein Auskunftsanspruch im Allgemeinen nicht aus Artikel 15 Absatz 1 und 3 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) abgeleitet werden. Ein Anspruch auf eine vollständige Kopie der Begründungsschreiben einschließlich der Anlagen ergibt sich nicht aus Artikel 15 Absatz 1 DSGVO, da weder die Schreiben selbst noch die begleitenden Anlagen in ihrer Gesamtheit personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers darstellen, wie der BGH betont.
Nun muss das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem erneuten Verfahren prüfen, ob alle Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben erfüllt sind.

Auch dem Widerrufsjoker bei Lebensversicherungen sind Grenzen gesetzt, wie erneut ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt. Im vorliegenden Fall versuchte eine Frau, nach vielen Jahren ihren Vertrag rückabwickeln zu lassen, obwohl sich in der Widerrufs-Belehrung lediglich ein Formulierungsfehler fand. Sämtliche Instanzen schmetterten ihren Vorstoß ab.

Kundinnen und Kunden können ihre Lebensversicherung rückabwickeln lassen, wenn sie ihren Vertrag zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen haben: so viel ist bekannt. Das lohnt sich, weil im Gegensatz zu einer Kündigung des Vertrages die eingezahlten Beiträge angemessen verzinst werden müssen und der Lebensversicherer die Kosten für Vertrieb und Verwaltung nicht anrechnen darf. Bedingung hierfür ist jedoch, dass die Verbraucher nachweisen, ungenügend über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt worden zu sein. Denn beim Policenmodell bekamen sie die Vertragsbedingungen erst zugesendet, nachdem sie den Vertrag bereits unterschrieben hatten – das verstößt gegen EU-Recht.

Ein frisches Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt aber erneut, dass auch dem Widerspruchsrecht Grenzen gesetzt sind. Demnach verstieß die klagende Kundin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, weil sie allein aufgrund eines geringfügigen Belehrungsfehlers in der Widerrufs-Belehrung den Vertrag nach vielen Jahren rückabwickeln wollte. Dieser Belehrungsfehler habe ihr nicht die Möglichkeit genommen, das Widerspruchsrecht unter denselben Bedingungen wie bei einer zutreffenden Belehrung in Anspruch zu nehmen, so hob die Karlsruher Instanz hervor (Urteil vom 15. Februar 2023, IV ZR 353/21).

Im verhandelten Rechtsstreit ging es um zwei Lebens- und Rentenversicherungs-Policen, die die Klägerin im Jahr 2002 abgeschlossen hatte. Diese beiden Verträge kündigte sie zunächst in den Jahren 2016 bzw. 2017, weil sie mit den Erträgen unzufrieden war. Ein Jahr später wollte sie dann vom Widerrufsjoker Gebrauch machen und die Verträge rückabwickeln lassen. Dabei berief sie sich darauf, dass die Belehrung zum Widerspruchsrecht fehlerhaft gewesen sei. Zwar hatte sie eine solche Belehrung ausgehändigt bekommen. Doch tatsächlich fand sich ein Fehler darin: statt des Wortes “Textform” hatte der Versicherer formuliert, dass der Widerspruch in einer “Schriftform” erfolgen muss – also mit einer Unterschrift.

Rein rechtlich ist es aber ausreichend, dass der Kunde bzw. die Kundin eine Erklärung ohne Unterschrift einreicht, um vom Widerspruch Gebrauch zu machen. Dennoch sahen die urteilenden Richter diesen Fehler des Versicherers nicht als ausreichend an, damit der Widerrufsjoker sticht. Der Belehrungsfehler sei so geringfügig, dass Versicherungsnehmern dadurch nicht die Möglichkeit genommen werde, innerhalb der vorgegebenen Frist vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.

“Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, durch den dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Denn dies stellt eine nur geringfügige, im Ergebnis folgenlose Verletzung der Pflicht des Versicherers zur ordnungsgemäßen Belehrung dar”, berichtet der BGH.

Die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts in diesem Fall stehe auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, sodass eine Vorlage an diesen nicht veranlasst war, hob der BGH weiter hervor. “Auch im Fall einer unterstellten Unionswidrigkeit des Policenmodells ist es dem – im Wesentlichen – ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer, der sich aus den genannten Gründen nicht auf die geringfügige Fehlerhaftigkeit der Belehrung berufen kann, nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten”, heißt es hierzu vom BGH.

Das Urteil ist nicht das erste, in dem hervorgehoben wird, dass ein Fehler in der Widerspruchs-Belehrung nicht in jedem Fall zur Rückabwicklung des Vertrages berechtigt. Eine Kundin, die ihren Vertrag rückabwickeln wollte, blitzte zuvor bereits vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe ab: Der Versicherer hatte weitestgehend korrekt informiert, aber im Versicherungsschein die zuständige Aufsichtsbehörde sowie deren Adresse nicht angegeben (Beschluss vom 25.3.2021, 12 U 43/21).

Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens soll das Pflegegeld mit einbezogen werden, so ein Insolvenzverwalter. Dieser Auffassung widersprachen allerdings die Richter am Bundesgerichtshof (BGH). Wie sie ihren Beschluss begründeten.

Der Insolvenzverwalter einer Schuldnerin wollte, dass zur Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens das Arbeitseinkommen mit dem Pflegegeld zusammengerechnet wird. Denn die Schuldnerin erhielt für die Versorgung ihres autistischen Sohnes, der bei ihr wohnt, ein solches Pflegegeld.

Die Vorinstanzen lehnten das Begehren des Insolvenzverwalters u.a. mit Verweis auf § 54 SGB I ab. Dort heißt es in Abs. 3 Nr. 3, dass Sozialleistungen, die zum Ausgleich körper- oder gesundheitsbedingten Mehrbedarfs bestimmt seien, unpfändbar sind.

Dieser Auffassung widerspricht der BGH in seinem Beschluss vom 20.10.2022 (IX ZB 12/22). Das von der Frau bezogene Pflegegeld stelle keine Sozialleistung dar, die den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterliegt. Denn die Frau ist gar nicht pflegebedürftig, sondern übernimmt als Pflegeperson die Pflege eines Pflegebedürftigen. Das Pflegegeld steht nur dem Pflegebedürftigen zu, betonten die Richter. Im vorliegenden Fall wird das Pflegegeld an die Pflegeperson weitergeleitet (§ 37 SGB XI) und ist deshalb unpfändbar (§ 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB).

Pflegegeld kein Entgelt für Pflegeperson

“Das Pflegegeld stellt seiner Konzeption nach kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegeleistungen dar”, schreiben die BGH-Richter in ihrem Beschluss. Zu den Zielsetzungen dieser Leistung gehört es, die Autonomie des Pflegebedürftigen zu stärken und einen Anreiz für die Aufnahme und Fortsetzung einer häuslichen Pflege zu schaffen.

Diese Ziele würden nicht erreicht, “wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber als nach den allgemeinen Vorschriften pfändbares Arbeitseinkommen behandelt würde”, führten die Richter aus.

Pflegegeld, das weitergeleitet wird, ist eine freiwillige Leistung des Pflegebedürftigen an die Pflegeperson. Ein Anspruch auf Weiterleitung besteht nicht. Der Pflegebedürftige könnte die Weiterleitung des Pflegegeldes beenden und das Geld anders einsetzen. Es bleibt Sache des Pflegebedürftigen, wie das Pflegegeld verwendet wird. Auch dieser Umstand stünde einer Pfändbarkeit des Pflegegeldes entgegen, so der BGH.

Laub färbt im Herbst die Bäume und Straßen bunt – und kann auch ein Risiko bedeuten, zum Beispiel durch verstopfte Rohre und Dachrinnen am Haus. Ob sich auch die Mieter an den Kosten für die Reinigung beteiligen müssen, hatte bereits vor mehreren Jahren der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Urteil zu entscheiden. Die Antwort lautet: ja, unter bestimmten Umständen.

Was wäre der Herbst ohne bunte Blätter an den Bäumen? Wenn die Temperaturen wieder kühler werden und sich viele Menschen in dicke Jacken kuscheln, dann bereichert auch die Natur das Auge mit ihrem bunten Farbenspiel. Doch spätestens, wenn die Blätter von den Bäumen fallen, können sie auch erheblichen Schaden anrichten. Ein Beispiel hierfür ist Laub in Dachrinnen und Außenrohren: Werden diese verstopft, kann das Regenwasser nicht mehr abfließen, so dass durch die ständige Nässe im Mauerwerk die Fassade in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Im Zweifel kann sogar Wasser in die Innenräume eindringen – und zum Beispiel Schimmel verursachen.

Deshalb sollte die Dachrinne regelmäßig vom Laub gereinigt werden. 2004 hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage zu beschäftigen, ob derartige Kosten auch vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Die Mieter eines Wohnhauses weigerten sich, die hierfür berechneten Kosten zu übernehmen, nachdem sie der Vermieter in die Betriebskostenabrechnung übernommen hatte. Daraufhin klagte der Vermieter.

Entscheidend, ob regelmäßige Reinigung notwendig

Die Antwort ist, wie so oft, nicht ganz einfach. So sei zu unterscheiden, ob es sich um eine einmalige, nicht regelmäßig notwendige Reinigung handle – etwa eine einmalige Reparatur, nachdem bereits Schaden durch eine verstopfte Dachrinne entstanden ist. In diesem Fall dürfen die Reinigungskosten nicht einfach als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden, da es sich um Instandsetzungskosten handle, betonte das Gericht.

Anders sieht es jedoch aus, wenn die regelmäßige Reinigung der Dachrinne notwendig ist, die durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes und des Grundstücks laufend entstehen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Haus von vielen Bäumen umgeben ist und regelmäßig die Rohre drohen zu verstopfen. Dann dürfen die Kosten für die Reinigung als laufend anfallende Kosten vom Vermieter geltend gemacht werden.

Allerdings sind auch hier Grenzen zu beachten, die dem Vermieter im Sinne des Mieterschutzes auferlegt sind. Denn es handelt sich um “sonstige Betriebskosten” – die entsprechend im Einzelnen vereinbart werden müssen. Die Betriebskosten müssen hierbei genau benannt werden, damit der Mieter bzw. die Mieterin abschätzen kann, mit welchen Nebenkosten sie rechnen muss. Weil eine solche Vereinbarung bisher fehlte, konnte der Vermieter die Ausgaben für die Reinigung der Dachrinne nicht nachträglich umlegen. Er hätte allerdings für künftige Reinigungen, sofern sie regelmäßig notwendig sind, eine entsprechende schriftliche Erklärung vom Mieter verlangen können.

Weil der Vermieter diese Erklärung nicht abgab, wurde es nicht rechtskräftig, dass die regelmäßige Dachrinnen-Reinigung als sonstige Betriebskosten derart umgelegt werden können. Dennoch gehen Rechtsexperten davon aus, dass dies mit dem Urteil erlaubt ist. Mit einer Rechtsschutzversicherung können sich Mieter gegen ungerechtfertigte Forderungen ihres Vermieters schützen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.04.2004 – VIII ZR 167/03 -).

Birken, so lehrt uns ein Urteil des Bundesgerichtshofs zu einem Nachbarschaftsstreit, können ganz schön Arbeit machen (Az. V ZR 218/18).

Zwischen März und Juni fliegen die Pollen. Samen und Früchte lösen sich aus den Zapfen der Birke von August bis September und sinken zum Boden. Auch fallen leere Zapfen herab (sogenannte “Würstchen”) sowie Blätter oder Birkenreiser. Solche “Immissionen”, die durch Birken eines Nachbarn verursacht wurden, wurmten einen Mann aus Baden-Württemberg. Denn dessen Nachbar hatte mehrere Birken mit einer doch stattlichen Höhe von je rund 18 Metern auf seinem Grundstück stehen. Zum Reinigungsaufwand kam der Entzug von Luft und Licht durch die hohen Bäume hinzu. Kurz: In der Meinung des Mannes gehörten die Bäume des Nachbarn schlicht weg.

Der baumliebende Nachbar hingegen – er hatte die Bäume zwar nicht selber angepflanzt, jedoch vom vorigen Eigentümer übernommen – wollte seine Birken als Lebensraum und Nahrungsquelle für Vögel und Insekten erhalten. Demnach verwehrte er die Forderung seines Anreiners und ließ die Bäume stehen. Es kam zum dauerhaften Nachbarschaftsstreit.

Klage sollte Baumfällen erzwingen

Der Mann, der sich durch die Bäume gestört fühlte, verklagte letztendlich seinen baumliebenden Nachbarn. Dieser sollte die Bäume nun per Gerichtsbeschluss fällen müssen. Oder zumindest sollte für die Birken eine hohe monatliche Summe gezahlt werden, um den hohen Reinigungsaufwand zu entschädigen.

Den Beseitigungsanspruch der Bäume wollte der Kläger aus Paragraf 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ableiten: Wird das Eigentum beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von einem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Wäre dies aber nicht möglich, forderte der Kläger hilfsweise einen Entschädigungsanspruch gemäß Paragraf 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – dieser definiert Regeln bei Zuführung unwägbarer Stoffe auf ein Grundstück, die durch andere verursacht werden.

Denn geduldet werden müssen sogenannte “Immissionen” nur, wenn sie unwesentlich und zumutbar sind und zudem ortsüblich. Ansonsten kann der Betroffene einen Ausgleich verlangen. Die hilfsweise gestellte Forderung hatte es in sich: 230 Euro für jeden Monat von Juni bis November sollte der Baumliebhaber zahlen, solange seine Birken stehen.

Landgericht wollte Birken noch gefällt sehen

Die Gerichte mussten nun freilich entscheiden, ob der Nachbar mit den Birken wirklich ein solcher “Störer” gemäß Paragraf 1004 BGB ist oder ob ein Entschädigungsanspruch gemäß Paragraf 906 besteht. Das Amtsgericht (AG) in Maulbronn entschied jedoch zunächst gegen den Kläger – und urteilte damit für den Baumliebhaber und seine Birken. In zweiter Instanz hingegen entschied das Landgericht (LG) Karlsruhe: Die Birken müssten weg. Denn durch den zusätzlichen Reinigungsaufwand würde das Grundstück des Klägers wesentlich beeinträchtigt. Und dies wäre ihm tatsächlich nicht zumutbar. Ein solches Urteil wollte sich der baumliebende Nachbar aber nicht gefallen lassen: Er legte Revision gegen das Urteil des Landgerichts vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein.

Bundesgerichtshof: Die Richter retten die Birken

Und der Eigentümer der Birken hatte Erfolg. Denn der Bundesgerichtshof hob in Revision das Urteil des Landgerichts auf. Das Urteil des Amtsgerichts wurde wiederhergestellt – die Forderungen des Klägers wurden abgewehrt.

Hierfür stellten die Richter am Bundesgerichtshof heraus: Es stimme zwar, dass das Grundstück des Klägers durch die Bäume des Nachbargrundstück wesentlich beeinträchtigt werde. Jedoch: Dies geschieht in zumutbarer Weise, weil der Mann mit den Birken sein Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet. “Ordnungsgemäß” bedeutet hierbei: Im Einklang mit den maßgebenden Landesgesetzen. So ist zum Beispiel der Grenzabstand der Bäume zum Nachbargrundstück eingehalten gemäß Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW).

Aus diesem Grund besteht auch kein Entschädigungsanspruch gemäß Paragraph 906 BGB. Auch besteht kein Beseitigungsanspruch, da der Eigentümer der Birken nicht als “Störer” im Sinne des Paragrafen 1004 BGB gilt, solange er sich an die maßgebenden Gesetze zur Bewirtung der Bäume hält. Stattdessen muss der Kläger den erhöhten Reinigungsaufwand in Kauf nehmen.

Ist doch das Nachbarrecht durch einen Ausgleich der einander widerstreitenden Interessen gekennzeichnet. Und zu diesem Ausgleich zählt mitunter auch die Inkaufnahme eines erhöhten Reinigungsaufwands, solange man dem Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks die Beeinträchtigung nicht zurechnen kann, weil die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Nachbarschaftsstreit vor Gericht durch drei Instanzen: Man überprüfe seinen Versicherungsschutz

Was aber zeigt der Rechtsstreit der Nachbarn, der durch drei Instanzen ging, zusätzlich? Erst in dritter Instanz konnte der Eigentümer der Birken die unberechtigten Forderungen seines Nachbarn – das Fällen der Birken oder einen hohen Ausgleich durch Geld – abwehren. Das anschauliche Urteil sollte also Grund genug sein, den Versicherungsschutz bei der Rechtsschutzversicherung zu überprüfen – bestenfalls mit einer Expertin oder einem Experten. Denn manchmal ist es auch eine Frage der finanziellen Absicherung, ob man zu seinem guten Recht kommt und einen Rechtsstreit durch mehrere Instanzen stemmen kann.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem aktuellen Urteil die Rechte von Verbrauchern in der Berufsunfähigkeitsversicherung gestärkt. Demnach muss ein Versicherer die gesamte Arbeit berücksichtigen, wenn er den Grad der Berufsunfähigkeit festlegt, und darf nicht nur die zeitlichen Anteile einzelner Arbeiten einrechnen. Das Urteil könnte es Versicherten zukünftig erleichtern, schneller eine BU-Prämie zu erhalten.

Ungefähr jeder vierte Beschäftigte in Deutschland muss seinen Beruf aufgeben, bevor er das Rentenalter erreicht. Das ist ein Grund, weshalb sowohl Versicherer als auch Verbraucherschützer in seltener Eintracht den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) empfehlen. Ein aktuelles Urteil stärkt nun die Rechte der Kunden, wenn es um die Ermittlung der Berufsunfähigkeit geht.

Berufsunfähigkeit zu niedrig eingestuft

Im konkreten Rechtsstreit ging es um den Fall einer Haushälterin. Nach einem Treppensturz musste sie ihre Arbeit vorerst aufgeben, weil sie sowohl Rücken- und Wirbelsäulenbeschwerden plagten und sie zudem an einer psychischen Erkrankung infolge des Sturzes litt.

Doch der Berufsunfähigkeitsversicherer der Haushälterin wollte keine Rente zahlen. Er argumentierte, dass laut Vertrag erst eine BU-Rente vorgesehen sei, wenn eine 50prozentige Berufsunfähigkeit vorliege. Dies sei hier nicht gegeben, da die Frau nur zu zwanzig Prozent beeinträchtigt sei, wie die Gutachter des Versicherers bestätigten.

Streit um Grad der Beeinträchtigung

Zu den Aufgaben der Frau gehörte es vor allem, die Räume einer Anwaltskanzlei zu säubern, einzukaufen und aus den gekauften Zutaten ein Mittagessen für bis zu 30 Personen zuzubereiten. Die Einkäufe konnte sie nun nicht mehr erledigen: Sie durfte nicht mehr schwer tragen. Der Versicherer erkannte zwar an, dass die Frau ihre Arbeit nicht mehr wie gewohnt ausführen könne. Er begründete die niedrige Einstufung der Berufsunfähigkeit allerdings damit, dass das Einkaufen nur einen geringen zeitlichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nehme. Daraufhin klagte die Frau vor Gericht.

Der Bundesgerichtshof bewertete die Sachlage deutlich anders als der Versicherer: Und stärkte die Rechte der Verbraucher. So dürfe die Beeinträchtigung im Beruf nicht nur an einzelnen Tätigkeiten wie dem Einkaufen gemessen werden und an der Frage, wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen. Vielmehr komme es auf eine Gesamtschau an: Das gelte besonders dann, wenn die betroffene Tätigkeit ein untrennbarer Teil eines beruflichen Gesamtvorgangs sei. In diesem Fall sei es der Hauswirtschafterin ohne das Tragen schwerer Einkäufe nicht möglich, ihren Beruf weiterhin auszuführen, weil sie damit auch für die Mitarbeiter ihres Arbeitgebers nicht mehr kochen könne. Schließlich fehlten dann die Zutaten.

Das Oberlandesgericht Stuttgart muss nun nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofes den Grad der Berufsunfähigkeit neu festlegen. Das bedeutet vor allem: Ihn höher ansetzen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Haushälterin nun ihre BU-Rente erhält (Az.: IV ZR 535/15).

Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren die Anforderungen an die Finanzberatung erhöht – und das ist auch gut so. Denn wenn Verbraucher schlecht beraten werden, soll der Vermittler eines Finanzproduktes auch für seine Beratung haften. Dass es hierbei allerdings Fristen zu beachten gibt, zeigt ein höchstrichterliches Urteil vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Demnach verlor eine Verbraucherin ihren Anspruch auf Schadensersatz, weil der Fall schlichtweg verjährt war (Urteil vom 16. Mai 2017, Az.: XI ZR 430/16).

Im verhandelten Rechtsstreit wollte eine Ärztin ihre Praxis finanzieren. Hierfür schloss sie im Oktober 2001 eine Kombination aus Bankdarlehen und Lebensversicherung ab. Der Hintergedanke: Wenn sich die Lebensversicherung wie prognostiziert entwickelt, kann sie mit der Einmalzahlung ihr Darlehen komplett tilgen.

Zu diesem Finanzierungsmodell hatte ein Bankberater der Frau geraten. Und dabei die entstehenden Risiken verschwiegen. Ob die Frau nämlich tatsächlich mit der Lebensversicherung ihre Schulden komplett abbezahlen konnte, war abhängig von der Entwicklung der Überschüsse in der Lebensversicherung. Und diese entwickelten sich schlechter, als es der Bankangestellte im Beratungsgespräch prognostiziert hatte. Statt der versprochenen 212.000 Euro brachte der Vertrag nur 166.000 Euro ein.

Nach Ablauf der zwölfjährigen Laufzeit im Jahr 2013 entstand aber ein Fehlbetrag von rund 39.000 Euro im Rahmen des Bankdarlehens, den die Ärztin aus ihrer eigenen Tasche zahlen musste. Die Frau leistete die Zahlung erst unter Vorbehalt und verklagte schließlich im Herbst 2013 ihre Bank auf Rückzahlung des Fehlbetrages.

Kein Anrecht auf Schadensersatz – Weil Ansprüche verjährt waren

Tatsächlich konnte dem Bankberater eine Fehlberatung nachgewiesen werden. Er habe eine “fehlerhafte Aufklärung über die wirtschaftlichen Nachteile einer Kombination aus Darlehensvertrag und Kapitallebensversicherungsvertrag” geleistet, heißt es hierzu im Urteil des Bundesgerichtshofes. Dennoch konnte die Frau keinen Schadensersatz erstreiten, da er schlicht verjährt war.

Für die Ansprüche aus Finanzberatungen und der damit verbundenen Prospekthaftung gilt nämlich eine zehnjährige Verjährungsfrist ausgehend vom Datum der Unterzeichnung. So schreibt es das Bürgerliche Gesetzbuch vor. Die Ärztin hätte also bereits bis Oktober 2011 ihre Klage einreichen müssen, damit sie den Fehlbetrag ersetzt bekommt. Solche Fristen gilt es zu beachten, wenn man Ansprüche aus einem Beratungsgespräch zur Geldanlage durchsetzen will – wer zu lange wartet, geht leer aus.

Auch der Schutz einer privaten Krankenversicherung kennt Grenzen. Wenn sich Privatpatienten im Ausland einer Behandlung unterziehen, die in Deutschland verboten ist, muss der Versicherer hierfür nicht zahlen. Das gilt auch, wenn der Versicherungsschutz sich auf ganz Europa erstreckt. Diese Erfahrung musste nun eine Frau machen, die in Tschechien eine Eizellspende finanziert haben wollte.

Wer sich privat krankenversichert, hofft häufig auf ein umfangreiches Leistungs-Paket, das den Schutz der gesetzlichen Krankenkassen übersteigt: Chefarzt-Behandlung, kürzere Wartezeiten auf Arzttermine oder andere Leistungs-Boni. Und oft ist das ja auch der Fall, je nachdem, was im Versicherungsvertrag vereinbart ist. Aber auch der Schutz einer privaten Krankenversicherung kennt Grenzen, wie nun eine heute 47jährige Frau erfahren musste.

Streit um Eizellspende

Die kinderlose Frau ließ in Prag eine Eizellspende vornehmen. In Deutschland ist ein solcher Eingriff verboten, er fällt unter das Embryonenschutzgesetz. Ein Arzt kann dafür sogar bis zu drei Jahre ins Gefängnis müssen. Das Problem hierbei ist, dass für die Eizellspende eine Spendermutter gesucht werden muss, also fremde Zellen in den Leib der Mutter eingesetzt werden. Damit hat das Kind später quasi zwei Mütter: eine genetische und eine biologische. Das Verbot soll dem Kindeswohl dienen, indem es eine eindeutige Identität der Mutter gewährleistet.

Diesen Eingriff ließ die Frau also in Prag vornehmen, nachdem bereits mehrere Versuche einer künstlichen Befruchtung in Deutschland fehlgeschlagen waren. Und tatsächlich: Laut tschechischer Rechtsprechung sind Eizellspenden erlaubt. Die Kosten für den Eingriff in Höhe von 11.137 Euro wollte die Frau von ihrer Krankenversicherung ersetzt haben. Sie berief sich darauf, dass der Vertrag mutmaßlich in ganz Europa gilt: “Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Heilbehandlungen in ganz Europa”, lautete eine Klausel.

Deutsches Recht ist ausschlaggebend

Aber die Versicherung weigerte sich zu zahlen, weshalb die Frau vor Gericht klagte. Und zwar bis in die höchste Instanz. Doch auch der Bundesgerichtshof bestätigte, dass die Versicherung für die Eizellspende nicht zahlen muss. Der entscheidende Satz in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen lautete: “Das Versicherungsverhältnis unterliegt deutschem Recht”. Grundsätzlich müsse ein PKV-Versicherer nur solche Heilbehandlungen erstatten, die nach deutschem Recht gestattet sind, betonte die Richterin (Urteil vom 14. Juni 2017, IV ZR 141/16).

Patientenverfügung: in guten Tagen denkt man nicht daran. Doch das Blatt kann sich schnell wenden. Ein drastischer Unfall, eine plötzliche schlimme Krankheit oder ein anderes Unglück können das Leben von heute auf Morgen verändern… Und mit einem Mal ist der geliebte Partner, das Kind oder ein Elternteil zum Patienten geworden, der es nicht vermag, selbst zu entscheiden. Diese Aufgabe der Entscheidung muss dann von den Angehörigen übernommen werden. Das ist sehr schwer, denn nun ist es an ihnen, die Festlegungen zu treffen, die von der Person die es betrifft, nicht getroffen wurde.

Nun fragen sich die Angehörigen: Hätte sich der ihnen nahestehende Mensch ein kurzes Leiden gewünscht – ohne lebensverlängerten Maßnahmen? Welche medizinische Behandlung hätte sie sich gewünscht und wie hätte sie sich entschieden? Ist man herzlos, wenn man sich entscheidet, die Behandlung jetzt zu beenden oder gehört es sich, weiter zu machen, solange das geht?

Das sind nur einige der extrem belastenden Fragen, die sich vor den Angehörigen auftürmen, wenn sie sich nicht auf eine solide Patientenverfügung stützen können. Darum formuliert der Bundesgerichtshof die Anforderungen an die Patientenverfügungen mit einem aktuellen Urteil noch konkreter (Az. XII ZB 61/16).

Bei einer Patientenverfügung müssen Menschen darüber nachdenken, wie lange und in welcher Weise sie am Ende ihres Lebens behandelt zu werden wünschen. Nachdem sie diese Fragen für sich geklärt haben, tragen sie das Ergebnis dann in ihre Verfügung ein. Dabei genügt es jedoch nicht, nur zu fixieren, dass man keine „lebensverlängernden Maßnahmen“ möchte. Denn das ist nicht präzise genug, weil im Zweifelsfall niemand etwas damit anfangen kann.

Patientenverfügung ohne Interpretationsspielraum

Der BGH entschied darum, dass die getroffenen Festlegungen in der Patientenverfügung erst dann bindende Kraft gewinnen, wenn sie konkret einzelne ärztliche Maßnahmen benennen, Krankheiten klar bezeichnen und wenn auch bei Behandlungssituationen keine Interpretationsspielräume offen gelassen werden. Das sind die neuen Bedingungen, die die Richter in Karlsruhe am BGH formuliert haben.

Zu der Neujustierung der Anforderungen an die Patientenverfügung kam es wegen einer ungenauen Patientenverfügung, die im Streit von drei Schwestern mündete. Die Mutter der drei Schwestern, die Jahrgang 1941 war, konnte infolge eines Hirnschlags nicht mehr sprechen und sich selbstständig ernähren, das geschah nun über eine Magensonde.

Die Geschwister gerieten aneinander, weil sie sich uneinig waren darüber, wie sie nun weiter mit der pflegebedürftigen Mutter verfahren sollten. Galt ihr Leben unter diesen Umständen nun weniger? Hätte die Mutter selbst gewollt, dass man ihrem Leben trotz aller neuen und niederschmetternden Lebensumstände eine medizinische Verlängerung ermöglicht hätte? Drei Menschen, drei Meinungen. Und keine einzige klare Ansage in der Patientenverfügung der Mutter.

Lebensverlängernde Maßnahme – was zählt dazu?

Die Mutter hatte sogar gleich zwei Verfügungen aufgesetzt. In beiden hatte sie entschieden, dass sie im Falle eines schweren Gehirnschadens ohne “lebensverlängernde Maßnahmen” verfahren wolle. In der Verfügung erteilte sie außerdem einer ihrer Töchter die Vollmacht, ihre Wünsche, die sie in der Vollmacht fixiert hatte, durchzusetzen.

Eine Vollmacht greift, solange alles „nach Plan“ verläuft. Aber eine Vollmacht wird aufgehoben oder beschränkt, wenn sich abzeichnet, dass die mit der Vollmacht betraute Person dem Willen des Patienten nicht entspricht.

So meinte die Tochter mit der Vollmacht nun, dass die Aufhebung der künstlichen Ernährung dem Wunsch der Mutter zuwider liefe. Das sahen die anderen beiden Schwestern jedoch nicht so. Doch gerade an diesem Punkt wäre eine präzise Aussage der Mutter überaus dienlich gewesen. So sahen es auch die BGH-Richter, indem sie die Verfügungen als nicht konkret genug bewerteten. Schließlich könne man daraus keinen Sterbewunsch ableiten.

Nicht konkret heißt, es fehlen Verweise auf bestimmte Maßnahmen oder auf konkrete Krankheiten – dann wüsste man, ob die künstliche Ernährung vom Patienten als lebensverlängernde oder als lebenserhaltende Maßnahme eingestuft worden wäre und ob er beides gewünscht oder abgelehnt hätte.

Gericht prüft die möglichen Wünsche

Im beschriebenen Fall war ja nun aufgrund der unzureichenden Patientenverfügung nicht klar, ob die Mutter die Fortführung oder den Abbruch der künstlichen Ernährung gewünscht hätte. Diese Unklarheit gedieh soweit, dass gegenwärtig das Landgericht im baden-württembergischen Mosbach eine Prüfung anstellt, die versucht, Bemerkungen der Patienten in der Vergangenheit aufzuspüren, welche einen Hinweis liefern könnten auf den Wunsch der Mutter in der aktuellen Situation.

Es ist ein außergewöhnliches Beispiel, welches aber verdeutlicht zeigt, dass die bisherige Form der Patientenverfügung noch nicht die erforderliche, umfassende und unmissverständliche Klarheit an den Tag legt in der Frage, wie mit einem Patienten nach dem Verlust seiner eigenen Entscheidungsfähigkeit zu verfahren sei.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat das BGH-Begehren zum Anlass genommen, an Millionen Deutsche zu appellieren, damit diese ihre Verfügungen noch einmal mit präzisem Blick prüfen. “30 Prozent der Deutschen haben bislang eine Patientenverfügung abgefasst”, erklärte der Vorstand der Stiftung Eugen Brysch.

So sind viele, die eine Verfügung aufgesetzt haben, so Brysch, unsicher, ob denn ihre Dokumente in der konkreten Praxis überhaupt etwas taugen. Denn viele wissen nicht genau, ob ihre Patientenverfügungen die Entscheidungsprozesse ihrer Angehörigen tatsächlich vereinfachen und entlasten können. Durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs sei aber nun “für Klarheit gesorgt”, so Brysch.

Der Bundesgerichtshof hat mit einem vielbeachteten Urteil die Rechte von Vermietern gestärkt. In Nebenabrechnungen muss nun nicht immer klar ersichtlich sein, wie der Vermieter zu seinem Endergebnis kommt. Wenig Begeisterung findet das Urteil bei den Interessenvertretern von Mietern. Der Mieterbund kritisiert es scharf.

Wenn Vermieter die jährlichen Nebenkosten ausweisen, haben sie zukünftig mehr Freiheiten. Wenn sie zum Beispiel die Kosten für Wasser, Abwasser und Müllabfuhr in mehreren Gebäuden benennen, muss in der Abrechnung nicht mehr in jedem Rechenschritt erkennbar sein, wie sich die Nebenkosten konkret zusammensetzen. Das hat am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Doch warum lockerten die Richter die bisherigen Bedingungen? Dies begründeten sie mit dem hohen Aufwand, der Vermietern bei einer detaillierten Auflistung entstehen würde. Auch habe der Mieter ein Interesse daran, dass die Abrechnung übersichtlich bleibe und nicht zu viele Details enthalte.

Mieterverband kritisiert Urteil

Beim Deutschen Mieterbund allerdings sorgt das Urteil für Kopfschütteln. Wie sollen denn die Mieter überprüfen können, ob der Hauseigentümer die Nebenkosten korrekt ausgewiesen hat, wenn der sie nicht mehr genau in der Abrechnung angeben muss? Bei einer Stichprobe im letzten Jahr hatte der Deutsche Mieterbund festgestellt, dass jede zweite Nebenkostenabrechnung Fehler aufweist.

„Einzelne Rechenschritte zur Ermittlung der umlagefähigen Gesamtkosten müssen in der Abrechnung nicht mehr angegeben und erläutert werden. Damit wird es für Mieter noch schwieriger, die Richtigkeit der Abrechnung zu überprüfen“, sagte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten gegenüber dpa.

Im verhandelten Rechtsstreit haben sich mehrere Gebäude in Bochum einen Müllplatz und zwei Heizstationen geteilt. Bei der Abrechnung hatte der Eigentümer die Gesamtkosten einfach nach Wohnfläche auf alle Mieter der Häuser umgelegt, ohne dass dies für die Mieter nachvollziehbar gewesen wäre. Die beiden Vorinstanzen hatten zugunsten der Mieter entschieden und mehr Transparenz eingefordert – nun muss der Fall neu verhandelt werden (Az.: VIII ZR 93/15).

Rechtsschutzversicherung hilft auch bei Wohnstreitigkeiten

Wer die hohen Kosten einer Auseinandersetzung mit dem Mieter oder Vermieter scheut, kann sich mit einer Rechtsschutzversicherung absichern. Allerdings sollte laut Vertrag ein Wohn-Baustein inkludiert sein. Vermieter sollten darüber hinaus achtgeben, wie viele Wohneinheiten laut Vertrag versichert sind und welche Höhe die Mieteinnahmen haben dürfen. Hierin unterscheiden sich die Versicherer teils deutlich. Entsprechende Policen lassen sich auch als selbständige Mieterrechtsschutz- oder Vermieterrechtsschutzversicherungen abschließen. Wer eine Selbstbeteiligung vereinbart, kann die Kosten der Versicherung zusätzlich senken.