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Der Abschied steht vor der Tür: Am 31. Januar 2020 verlässt Großbritannien die die Europäische Union. Weil mit diesem Austritt auch viele rechtliche Veränderungen verbunden sind, ist nicht nur die Wirtschaft verunsichert. Auch Verbraucher wissen oft nicht, was die rechtliche Neuordnung der Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU für Auswirkungen hat. Aus diesem Grund klärt aktuell die Verbraucherseite des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf: “Brexit: Darauf müssen sich Versicherungskunden jetzt einstellen”. Die Änderungen gemahnen zur Gelassenheit.

Altersvorsorge-Vertrag bei britischen Lebensversicherern: EU-Recht hat für viele Anbieter Bestand

Britische Lebensversicherungen erfreuten sich in der Vergangenheit auch bei deutschen Kunden einer großen Beliebtheit. So halten nicht wenige deutsche Kundinnen und Kunden Vorsorgeverträge von Anbietern wie Scottish Widows Limited, Standard Life, Clerical Medical oder Royal London. Und der Brexit gab durchaus Grund zur Sorge. Gefürchtet war besonders das Ungültig-Werden alter Verträge durch einen harten Brexit – und damit einen Brexit ohne Einigung zwischen Großbritannien und der EU. Aber es kann Entwarnung gegeben werden.

Denn viele Anbieter reagierten auf die Bedrohung, indem sie Tochtergesellschaften in EU-Ländern gründeten und den gesamten Vertragsbestand auf diese Tochterfirmen übertrugen. So liegen die Verträge von Standard Life oder Royal London nun bei einer Unternehmenstochter in Irland. Die Verträge der Scottish Widows Limited (SWL) liegen in Luxemburg. Für Kundinnen und Kunden innerhalb der EU bleibt EU-Recht durch dieses Übertragen der Bestände weiterhin gültig. Ebenso bleiben individuelle Vertragsbedingungen eines jeden Kunden unberührt.

Zwar wiesen Finanzexperten auch darauf hin: In Ländern wie Irland existiert keinen Schutzfonds wie der britische Financial Services Compensation Scheme (FSCS). Deswegen könnte der Insolvenzschutz nun geringer sein. Jedoch: Die Finanzlage der britischen Lebensversicherer ist stabil. Selbst die Verbraucherschützer der Stiftung Warentest warnten folglich davor, Verträge vorschnell zu kündigen. Stattdessen hätten Kundinnen und Kunden nun genügend Zeit, verschiedene Möglichkeiten zwischen einer Kündigung und einer Fortführung des Vertrags zu prüfen – denkbar ist zum Beispiel auch eine Kapitalzahlung, ein Verkürzen des Vertrags, ein Beitragsfrei-Stellen des Vertrags oder gar ein Verkauf an Anbieter, die Lebensversicherungen aufkaufen. Für eine solche Entscheidung kann ein professionelles Beratungsgespräch behilflich sein. Grund zur überstürzten Eile jedoch besteht nicht.

Übergangsfrist schafft Raum für Entscheidungen

Aber auch, wenn Verträge von Kundinnen und Kunden bei Anbietern nicht auf europäische Töchter übertragen wurden, besteht kein Grund zur Eile. Denn nach dem Brexit gibt es eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 – bis dahin müssen alle Versicherungsunternehmen in Großbritannien die bislang in der EU geltenden Regeln einhalten. Die Übergangsphase schafft auch für andere Versicherungsverträge und Produkte die Möglichkeit, das weitere Vorgehen zu prüfen und hierzu gegebenenfalls Expertenrat einzuholen.

Kfz-Versicherung: Mögliche Änderung erst ab 1. Januar 2021

Auch für die Kfz-Versicherung ändert sich aufgrund dieser ausgehandelten Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 zunächst nichts. Und auch für die Kfz-Versicherung gilt: Erwartete Veränderungen liefern keinen Grund zur Panik. Denn weiterhin gilt der Schutz einer Kfz-Versicherung in Großbritannien ohne Einschränkungen.

Einzige mögliche Änderung: Ab 01. Januar 2021 könnte es Pflicht sein, bei Einreise nach Großbritannien die Internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr – auch “Grüne Karte” genannt –mitzuführen. Diese Karte bescheinigt in Nicht-EU-Ländern den Einreisenden einen Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung gemäß den Bestimmungen des jeweiligen Gastlandes. Erhältlich ist die Grüne Karte kostenlos beim Kfz-Haftpflichtversicherer. Ob aber zukünftig tatsächlich die Grüne Karte bei Einreise nach Großbritannien mitzuführen ist, ist nach jetzigem Stand noch nicht sicher.

Keine Auswirkungen auf die Reise-, Haftpflicht- und Unfallversicherung

Für Reise-, Haftpflicht- und private Unfallversicherungen hat der Brexit laut GDV hingegen überhaupt keine Konsequenzen – ihr Schutz gelte in aller Regel weltweit. So gesehen ist der Brexit zumindest für Versicherungskunden kein Grund zur Unruhe – viele Bedingungen verschiedener Versicherungen bleiben gleich. Und für Lebensversicherungen bleibt genügend Zeit, sich Rat beim Experten zu holen.

Ein harter Brexit wird immer wahrscheinlicher, je weniger Zuspruch die britische Regierung für die mit der EU ausgearbeiteten Verträge erhält. Viele deutsche Kundinnen und Kunden haben Lebensversicherungen bei einem britischen Anbieter abgeschlossen. Was passiert dann mit den Verträgen? Verlieren sie ihre Gültigkeit? Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) widmet sich aktuell diesem Thema.

Das britische Unterhaus gleicht derzeit eher einem Tollhaus. Zum zweiten Mal wurde vor wenigen Tagen der Brexit-Vertrag abgeschmettert, den Regierungschefin Theresa May mit der EU ausgehandelt hat. Heute wurde bekannt, dass May eine dritte Abstimmung vielleicht ausfallen lassen will: Sie sieht einfach nicht genug Unterstützung für den Vertrag. Dann müsste sie in Brüssel um Aufschub bitten, um den Austritts-Termin nach hinten zu verschieben: Und neue Lösungen zu suchen. Bis Ende März soll der Austritt eigentlich erfolgen. Vieles deutet darauf hin, dass der Termin nach hinten verlegt wird.

Die aktuelle Situation betrifft auch viele deutsche Kundinnen und Kunden direkt. Insbesondere jene, die einen Altersvorsorge-Vertrag bei britischen Lebensversicherern halten. Experten warnen, dass diese ihre Gültigkeit verlieren könnten, wobei die Rechtslage nicht ganz eindeutig ist. Und so nutzt der Branchenverband GDV die aktuelle Situation, um über den aktuellen Status Quo aufzuklären.

Nichts überstürzen

Die erste Botschaft: Nicht überhastet vom Altersvorsorge-Vertrag trennen. “Für Verbraucher, die eine Lebensversicherung bei einem Versicherer mit Sitz in Großbritannien abgeschlossen haben, ändert sich auch bei einem “harten” Brexit ohne Austrittsvereinbarung zunächst nichts”, schreibt der GDV. So erlaube die Finanzaufsicht BaFin den britischen Versicherern, die Bestände bis Ende 2020 abzuwickeln — oder mit Geschäftserlaubnis weiterzubetreiben. Hier gilt es zu bedenken, dass eine vorzeitige Vertragskündigung gerade bei langfristigen Verträgen zu Einbußen führt.

Darüber hinaus haben sich viele Versicherer aber auch selbst um eine Lösung gekümmert, um die Verträge weiterbetreiben zu können. Sie gründen Tochtergesellschaften in EU-Staaten, wo sie dann die Bestände hin übertragen: in der Regel in Irland und Luxemburg. So berichtet heute zum Beispiel Standard Life, dass man vom obersten schottischen Zivilgericht die Erlaubnis erhalten habe, rund 600.000 Leben-Verträge aus Deutschland und Österreich nach Irland zu übertragen.

Auch andere britische Versicherer wie Royal London, Friends Provident oder Scottish Widows Limited (SWL) reagierten bereits im Vorfeld und haben EU-Auslandstöchter oder Drittniederlassungen für ihre hiesigen Verträge gegründet. Hier gilt es, das Gespräch mit dem Versicherer zu suchen, ob er derart verfährt. In der Regel ändert sich an den Verträgen und Ansprechpartnern dann nichts, auch die Finanzaufsicht der BaFin bleibt bestehen.

Grüne Karte mitführen!

Wer nach dem Brexit mit dem Auto nach Großbritannien reist und sich dem Linksverkehr stellen will, sollte ebenfalls einiges beachten. So empfiehlt es sich laut GDV, die sogenannte Grüne Karte mitzuführen. Zwar gelte der Schutz einer Kfz-Versicherung in Großbritannien auch nach einem Brexit weiterhin ohne Einschränkungen, so berichtet der Verband. Aber die Bürger könnten von EU-Bürgern verlangen, ihren Kfz-Haftpflichtschutz nachzuweisen. Das Dokument gibt es kostenlos beim Versicherer und erleichtert auch die Regulierung eines Schadens, wenn es doch zum Unfall kommt.

Für Reise-, Haftpflicht- und private Unfallversicherungen hätte der Brexit hingegen keine Konsequenzen. Die gelten weiter, je nach Geltungsbereich. In der Regel sehen die Verträge vor, dass nicht nur in der EU Schutz besteht, sondern darüber hinaus auf dem Territorium Europas bzw. dem “geografischen Europa”— wenn sie nicht gar weltweit gelten. Hier sollte im Zweifel nochmal in den Bedingungen nachgelesen werden.