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Die Versicherer nutzen spezielle Ereignisse wie die Fastnacht, um über Apps Kurzzeit-Versicherungen anzubieten: Diese gelten oft nur wenige Tage und bieten einen Schutz bei Unfällen oder anderen Schäden. Das Problem: Eine vollwertige Unfallversicherung können diese Policen keineswegs ersetzen. Und aufs Jahr hochgerechnet sind sie zudem exorbitant teuer.

Helau und Alaaf! Wieder steht die Faschingszeit vor der Tür, und damit auch so manch närrisches Treiben. Ganz gleich, ob man in Düsseldorf, Köln oder einer anderen Fastnachts-Hochburg feiert: In vielen Orten herrscht dann wieder mehrere Tage Ausnahmezustand. Es wird getrunken, getanzt und sich ganz dem närrischen Treiben hingegeben.

Im närrischen Trubel ist das Unfallrisiko durchaus erhöht. Das haben auch die Versicherer erkannt und bieten deshalb sogenannte Kurzzeit-Versicherungen an. Diese Unfallversicherungen können auch für weitere Feste und Ereignisse abgeschlossen werden: neben dem Fasching etwa für das Oktoberfest, den Ski-Ausflug mit der Familie oder andere Anlässe. Oft wenden sich diese Policen an eine junge Zielgruppe und tragen originelle Namen, etwa “Jeckenschutz”. Bequem können sie per App innerhalb weniger Minuten abgeschlossen werden.

Eingeschränkter Schutz

Doch wer eine solche Kurzzeit-Versicherung abschließt, sollte bedenken, dass der Schutz sehr eingeschränkt ist. In der Regel gilt sie nur wenige Tage. Mitunter greifen die Verträge nur bei Unfällen, die sich tatsächlich beim Fasching oder auf dem Weg zur Veranstaltung ereignen. Wenn jemand in den eigenen vier Wänden verunglückt statt beim Tanzen auf der Bierbank, ist er dann nicht unfallversichert.

Auch bieten die Verträge oft nur eine sehr niedrige Invaliditätssumme: üblich sind 50.000 Euro. Das reicht nicht, um schlimme Folgen eines Unfalls finanziell abzusichern. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die volle Invaliditätssumme oft nicht ausgezahlt wird, sondern – abhängig von der Schwere der Verletzung – nur eine Teilsumme. Das hängt in der Regel von der sogenannten Gliedertaxe ab: Das ist eine Tabelle, in der festgehalten wird, wie hoch die Teilleistung bei der Funktionsunfähigkeit einzelner Gliedmaßen und Sinnesorgane ausfällt. Ist dann das Bein unterhalb des Knies bleibend geschädigt, gibt es unter Umständen nur 50 Prozent der vollen Summe.

Deshalb raten Verbraucherschutz und Versicherungsexperten dazu, lieber gleich eine vollwertige Unfallversicherung abzuschließen. Üblich ist eine Grundsumme von 100.000 Euro und die Vereinbarung einer sogenannten Progression. Dann steigt die ausgezahlte Versicherungssumme nach einem Unfall überproportional an, wenn eine bestimmte Schwere der Beeinträchtigung erreicht ist. Zudem gilt es zu bedenken, dass der Kurzzeitschutz oft sehr teuer ist. Kostet eine 24-Stunden-Versicherung beispielsweise 5,99 Euro, sind das aufs Jahr hochgerechnet schon mehr als 2.186 Euro Jahresbeitrag! Das können Jecken wirklich billiger haben.

Sei es der Karneval, das Oktoberfest oder die Klassenfahrt des Schulkindes: Eine zunehmende Zahl von Anbietern bringt Kurzzeit-Unfallversicherungen für bestimmte Anlässe auf den Markt, die sich bequem per App abschließen lassen. Doch diese Policen sind oft nicht nur teuer, sondern bieten auch nur eingeschränkten Schutz.

Immer da, wo sich Menschen zum feuchtfröhlichen Gaudi treffen, lauert auch eine erhöhte Unfallgefahr. Da bildet der Karneval natürlich keine Ausnahme. Wenn Funkenmariechen auf den Tischen tanzen, falsche Cowboys ihre Plastik-Colts schwingen oder Opa im Matrosenkostüm zur Polonaise aufbricht, da geht auch schnell mal etwas zu Bruch.

Schutz nur vorübergehend?

Die Versicherer haben das Potential solcher Veranstaltungen erkannt und bieten Unfallpolicen an, die kurzfristig und für wenige Tage abgeschlossen werden können. Diese tragen dann so originelle Namen wie „Jeckenschutz“ und gelten tatsächlich nur in den närrischen Tagen. Doch Verbraucherschützer sehen solche Versicherungen kritisch. Denn sie tragen dazu bei, dass sich die Bundesbürger nicht dauerhaft gegen Risiken absichern, die doch jeden Tag drohen.

Beispiel private Unfallversicherung: Pro Jahr verunglücken 800.000 Menschen so schwer, dass sie Anrecht auf Leistungen aus ihrem Versicherungsvertrag haben. Und keineswegs nur dann, wenn Papa im Männerballett die Beine schwingt oder die Mama als Funkenmariechen mit dem Salto überfordert ist. Die meisten Unfälle ereignen sich tatsächlich da, wo man sich am sichersten fühlt: In den eigenen vier Wänden!

Das Statistische Bundesamt schätzt, dass in Deutschland jährlich circa 8,9 Millionen Menschen bei einem Unfall verletzt werden, davon etwa 2,73 Millionen im Haushalt und 2,63 Millionen im Freizeitbereich. Stürze sind die häufigste Unfallursache, zum Beispiel weil man beim Fensterputz auf einem unstabilen Hocker balanciert. Ein Unfallschutz tut also das ganze Jahr über Not. Entsprechend sollten Verbraucher auch dauerhaft für ein solches Risiko vorsorgen.

Niedrige Versicherungssumme

Ein weiterer Grund trägt dazu bei, dass die Kurzzeit-Policen in die Kritik geraten sind: Viele bieten nur eine niedrige Invaliditätssumme, zum Beispiel 50.000 Euro. Damit lassen sich die Folgen einer Invalidität kaum auffangen, kann doch bereits der behindertengerechte Umbau des Hauses einen fünfstelligen Betrag verschlingen. Experten empfehlen stattdessen eine Grundsumme von minimal 100.000 Euro sowie die Vereinbarung einer sogenannten Progression. Dann steigen die Versicherungsleistungen ab einem bestimmten Invaliditätsgrad überproportional.

Grundsätzlich gilt: Ein eingeschränkter Schutz ist besser als gar keiner. Und so bieten sich die Kurzzeitpolicen dann an, wenn Jecken vergaßen, vor dem Fasching eine vollwertige Police zu zeichnen. Ansonsten sollte man aber eine vollwertige Unfallversicherung bevorzugen, sind die „Karneval-Unfallversicherungen“ doch auch sehr teuer. Kostet der Vertrag für den 3 Tage im Fasching zum Beispiel 5 Euro, dann ergibt das auf das Jahr hochgerechnet schon einen vierstelligen Betrag. Und auch auf die Leistungsausschlüsse sollte man achten. Manche Versicherer zahlen nicht, wenn sich der Unfall unter Alkoholeinfluss ereignete: Ein solcher Schutz taugt im Fasching nur als Gag für die Büttenrede.