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Sehen, Hören, Gehen, Sprechen, Denken (“klar” und “strukturiert”, “logisch”): viele angeborene Fähigkeiten sind für menschliches Handeln grundlegend. Das gilt auch für die Ausübung des Berufs. Lokführer*innen, die nicht mehr sehen? Lehrer*innen, die die Fähigkeit zum Sprechen verlieren? Handwerker*innen, die nicht mehr greifen können? Wer Grundfähigkeiten verliert, verliert schnell Beruf und Einkommen. Doch das Risiko ist versicherbar.

Arbeitskraftabsicherung: Der Staat sichert auf niedrigem Niveau

Und Versicherungsschutz gegen solche Risiken tut Not. Denn der staatliche Versicherungsschutz für den Verlust der Arbeitskraft und damit des Einkommens ist sehr gering: Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten nur Personen, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können — egal in welcher Tätigkeit. Kann man länger arbeiten, wird jeder Beruf durch den Gesetzgeber zugemutet. Damit droht Betroffenen sogar, dass sie unliebsame Jobs annehmen müssen und große Teile des Einkommens verlieren. Was aber ist, wenn es die Hauptverdienerin oder den Hauptverdiener trifft? Wer bedient dann Kredite, laufende Kosten, sichert das Lebensniveau? Es braucht hierfür den richtigen privaten Versicherungsschutz.

Grundfähigkeitsversicherung: Der Markt boomt

Vielen bekannt ist hierfür die Berufsunfähigkeitsversicherung. Doch seit 2000 existiert eine neue Möglichkeit, um ebenfalls die Arbeitskraft abzusichern – die Grundfähigkeitsversicherung. Verliert ein Mensch eine versicherte Grundfähigkeit für eine Mindestdauer (zumeist für mindestens sechs Monate), wird eine regelmäßige Rente gezahlt.

Ob es zur Leistung kommt, wird anhand medizinischer Gutachten eingeschätzt – der Verlust der Grundfähigkeit muss der Definition in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) entsprechen. Und der Markt boomt: die Zahl der Tarife und Tarifoptionen steigt und steigt.

Als wichtigste versicherbare Grundfähigkeiten gelten auf dem Markt: 1.) Gehen; 2.) Stehen; 3.) Knien oder Bücken; 4.) Autofahren; 5.) Sprechen; 6.) Hören; 7.) Heben und Tragen; 8.) Arme bewegen; 9.) Hände gebrauchen als Geschicklichkeit; 10.) Hände gebrauchen als Kraft aufwenden; 11.) Treppensteigen; 12.) Sehen; 13.) Geistige Leistungsfähigkeit; 14.) Sitzen.

Einfaches Prinzip – schwierige Produkte

Aber was in der Theorie einfach klingt – beim Verlust einer Grundfähigkeit gibt es eine Rente –, ist in der Praxis kompliziert. Denn Produktentwickler definieren mittlerweile mit viel Phantasie verschiedene Leistungsauslöser, um sich am Markt von Konkurrenten abzuheben. Das Problem: Aufgrund komplexer Definitionen ist einem Laien kaum ersichtlich, wann es zur Auszahlung einer Rente kommen würde.

Beispielsweise lautet eine Klausel aus dem Vertragswerk eines Anbieters, den Gebrauch der Hände betreffend: “Die Fähigkeit der versicherten Person, mit einer Hand einen Gegenstand zu greifen und zu halten, ist zumindest an einer ihrer beiden Hände stark beeinträchtigt. Das bedeutet, dass sie mit der linken oder mit der rechten Hand nicht mehr in der Lage ist, einen leichten Alltagsgegenstand (z. B. ein leeres Wasserglas, einen Stift oder einen Kochlöffel) zu greifen und ununterbrochen für fünf Minuten, auch unter Ablage des Unterarms, in der Luft zu halten, ohne dass er ihr aus der Hand fällt.”

Weil die Vertragswerke zu den Tarifen viele derartige Definitionen enthalten und weil die Produkte verschiedener Anbieter untereinander kaum vergleichbar sind, ist guter Rat einer Expertin oder eines Experten wichtig. Folgendes nämlich muss im Sinne des Versicherungsnehmers eingeschätzt werden:

  • Welche Grundfähigkeiten sind für den Beruf besonders wichtig? Denn häufig werden nicht alle Grundfähigkeiten versichert, sondern man versichert nur eine bestimmte Auswahl, so dass die Police bezahlbar bleibt (z.B. vier Grundfähigkeiten).
  • Welcher Anbieter hat für diese ganz spezifischen Grundfähigkeiten, deren Verlust das höchste Risiko bedeutet, die beste Definition? Bei welchen Anbieter ist es am wahrscheinlichsten, dass ich dann auch eine Leistung erhalte?

Wichtiger Baustein der Arbeitskraftabsicherung

Trotz der Komplexität der Produkte: Die Grundfähigkeitsversicherung kann sich zu einem wichtigen Baustein der Arbeitskraftabsicherung entwickeln. Denn dadurch lassen sich ganz spezifische Risiken bestimmter Berufsfelder abdecken – so gibt es mittlerweile Angebote, die sich zum Beispiel an Berufskraftfahrer wenden (versichert wird der Verlust der Fahrlizenz) oder an Menschen mit Bürotätigkeit (versichert wird der Gebrauch der Tastatur oder die Fähigkeit zur Bildschirmarbeit). Wer zu den recht neuen Produkten am Markt also Rat sucht, sollte sich an eine Expertin oder einen Experten wenden.

Der staatliche Versicherungsschutz für den Verlust der Arbeitskraft und damit des Einkommens ist sehr gering: Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten nur Personen, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können — egal in welcher Tätigkeit. Hingegen ist das Risiko “Berufsunfähigkeit” seit einer Rentenreform im Jahr 2001 nicht mehr durch den staatlichen Schutz abgedeckt.

Sogar Verbraucherschützer empfehlen demnach eine Berufsunfähigkeitsversicherung und bezeichnen diese als “Must-Have” ohne Alternative. Was aber ist, wenn aufgrund eines fortgeschrittenen Alters, einer bestimmten Vorerkrankung oder einer gefährlichen beruflichen Tätigkeit nur ein sehr teurer oder gar kein BU-Schutz zu haben ist? Wie der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) in einem aktuellen Beitrag empfiehlt, kann sich dann lohnen, über den Abschluss einer Grundfähigkeitsversicherung nachzudenken.

Grundfähigkeitsversicherung als “kleine Alternative”: Recht neu auf dem deutschen Markt

Die Grundfähigkeitsversicherung ist eine noch neue Produktklasse auf dem deutschen Versicherungsmarkt – erst ab dem Jahr 2000 wurde sie in Deutschland eingeführt. Rund 20 Anbieter gibt es laut Beitrag des GDV mittlerweile. Diese haben im vergangenen Jahr geschätzt 60.000 Verträge neu an die Frau oder den Mann gebracht. Abgesichert werden Grundfähigkeiten des menschlichen Handelns.

Als wichtigste versicherbare Grundfähigkeiten gelten auf dem Markt: 1.) Gehen; 2.) Stehen; 3.) Knien oder Bücken; 4.) Autofahren; 5.) Sprechen; 6.) Hören; 7.) Heben und Tragen; 8.) Arme bewegen; 9.) Hände gebrauchen als Geschicklichkeit; 10.) Hände gebrauchen als Kraft aufwenden; 11.) Treppensteigen; 12.) Sehen; 13.) Geistige Leistungsfähigkeit; 14.) Sitzen. Sobald ein Mensch eine versicherte Grundfähigkeit für eine Mindestdauer verliert (zumeist für mindestens sechs Monate), wird eine regelmäßige Rente gezahlt.

Keineswegs beschränkt sich das Angebot des Marktes aber auf solche Kernfähigkeiten. Stattdessen werden mittlerweile immer neue Grundfähigkeiten definiert, um Produkte für Kunden attraktiv zu machen – immer mehr Fähigkeiten lassen sich also versichern. Allerdings hängt der Preis einer Police zumeist von der Anzahl der versicherten Grundfähigkeiten ab.

Produkte unterscheiden sich in der Leistungspflicht

Wer eine Grundfähigkeitsversicherung abschließen will, der sollte zunächst analysieren, auf welche Grundfähigkeiten er in seinem Beruf besonders angewiesen ist. Als Beispiel: Für einen Handwerker lohnt sich das Absichern der Fähigkeit, die Hände zu gebrauchen. Aber die Wahl der richtigen Fähigkeit ist erst der Anfang der Produktwahl. Denn anschließend heißt es: Vertragsbedingungen vergleichen.

Definieren doch Anbieter mitunter sehr verschieden, wann der Verlust einer Grundfähigkeit erfüllt ist. Und erst dann, wenn Fach-Gutachten einen Verlust im Sinne der Definition nachweisen, müssen die Anbieter auch tatsächlich leisten durch Zahlung der vereinbarten Rente. Aufgrund verschiedener Definitionen kann demnach die gleiche Grundfähigkeit zu gänzlich unterschiedlichen Bedingungen abgesichert sein.

Für psychische Erkrankungen wird in der Regel nicht gezahlt

Wichtig ist zudem: Der Verlust der Grundfähigkeit muss in der Regel organisch bedingt sein – also zum Beispiel durch Multiple Sklerose, Schädelhirntrauma, Schlaganfall, Hirntumor oder ähnliches. Damit aber bleibt in dem Versicherungsschutz einer Grundfähigkeitsversicherung eine große Lücke: Geleistet wird in der Regel nicht, sobald der Verlust der Fähigkeit psychisch bedingt ist. Viele Vertragswerke schließen psychische Erkrankungen explizit aus dem Versicherungsschutz aus.

Deswegen ist die Grundfähigkeitsversicherung auch kein vollwertiger Ersatz für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet auch bei psychischen Erkrankungen – der Versicherungsschutz greift, sobald Versicherungsnehmer wegen einer Krankheit oder eines Unfalls weniger als 50 Prozent berufsfähig sind.

Und psychische Erkrankungen sind mittlerweile der Hauptgrund, warum Menschen überhaupt eine BU-Rente beziehen müssen durch Aufgeben des Berufs: 29 Prozent aller Leistungsfälle für die Berufsunfähigkeitsversicherung gehen laut einer Studie auf psychische Erkrankungen zurück.

Die Grundfähigkeitsversicherung bleibt allerdings eine Alternative, sobald die BU-Versicherung nur zu erschwerten Bedingungen zu haben ist oder gar nicht zu haben ist. Wer zu diesem komplexen Problemfeld der Arbeitskraft-Absicherung Rat sucht, der sollte sich – schon aufgrund der komplexen und unterschiedlichen Produkte – an eine Expertin oder einen Experten wenden.