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Auch dem Widerrufsjoker bei Lebensversicherungen sind Grenzen gesetzt, wie erneut ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt. Im vorliegenden Fall versuchte eine Frau, nach vielen Jahren ihren Vertrag rückabwickeln zu lassen, obwohl sich in der Widerrufs-Belehrung lediglich ein Formulierungsfehler fand. Sämtliche Instanzen schmetterten ihren Vorstoß ab.

Kundinnen und Kunden können ihre Lebensversicherung rückabwickeln lassen, wenn sie ihren Vertrag zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen haben: so viel ist bekannt. Das lohnt sich, weil im Gegensatz zu einer Kündigung des Vertrages die eingezahlten Beiträge angemessen verzinst werden müssen und der Lebensversicherer die Kosten für Vertrieb und Verwaltung nicht anrechnen darf. Bedingung hierfür ist jedoch, dass die Verbraucher nachweisen, ungenügend über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt worden zu sein. Denn beim Policenmodell bekamen sie die Vertragsbedingungen erst zugesendet, nachdem sie den Vertrag bereits unterschrieben hatten – das verstößt gegen EU-Recht.

Ein frisches Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt aber erneut, dass auch dem Widerspruchsrecht Grenzen gesetzt sind. Demnach verstieß die klagende Kundin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, weil sie allein aufgrund eines geringfügigen Belehrungsfehlers in der Widerrufs-Belehrung den Vertrag nach vielen Jahren rückabwickeln wollte. Dieser Belehrungsfehler habe ihr nicht die Möglichkeit genommen, das Widerspruchsrecht unter denselben Bedingungen wie bei einer zutreffenden Belehrung in Anspruch zu nehmen, so hob die Karlsruher Instanz hervor (Urteil vom 15. Februar 2023, IV ZR 353/21).

Im verhandelten Rechtsstreit ging es um zwei Lebens- und Rentenversicherungs-Policen, die die Klägerin im Jahr 2002 abgeschlossen hatte. Diese beiden Verträge kündigte sie zunächst in den Jahren 2016 bzw. 2017, weil sie mit den Erträgen unzufrieden war. Ein Jahr später wollte sie dann vom Widerrufsjoker Gebrauch machen und die Verträge rückabwickeln lassen. Dabei berief sie sich darauf, dass die Belehrung zum Widerspruchsrecht fehlerhaft gewesen sei. Zwar hatte sie eine solche Belehrung ausgehändigt bekommen. Doch tatsächlich fand sich ein Fehler darin: statt des Wortes “Textform” hatte der Versicherer formuliert, dass der Widerspruch in einer “Schriftform” erfolgen muss – also mit einer Unterschrift.

Rein rechtlich ist es aber ausreichend, dass der Kunde bzw. die Kundin eine Erklärung ohne Unterschrift einreicht, um vom Widerspruch Gebrauch zu machen. Dennoch sahen die urteilenden Richter diesen Fehler des Versicherers nicht als ausreichend an, damit der Widerrufsjoker sticht. Der Belehrungsfehler sei so geringfügig, dass Versicherungsnehmern dadurch nicht die Möglichkeit genommen werde, innerhalb der vorgegebenen Frist vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.

“Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, durch den dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Denn dies stellt eine nur geringfügige, im Ergebnis folgenlose Verletzung der Pflicht des Versicherers zur ordnungsgemäßen Belehrung dar”, berichtet der BGH.

Die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts in diesem Fall stehe auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, sodass eine Vorlage an diesen nicht veranlasst war, hob der BGH weiter hervor. “Auch im Fall einer unterstellten Unionswidrigkeit des Policenmodells ist es dem – im Wesentlichen – ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer, der sich aus den genannten Gründen nicht auf die geringfügige Fehlerhaftigkeit der Belehrung berufen kann, nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten”, heißt es hierzu vom BGH.

Das Urteil ist nicht das erste, in dem hervorgehoben wird, dass ein Fehler in der Widerspruchs-Belehrung nicht in jedem Fall zur Rückabwicklung des Vertrages berechtigt. Eine Kundin, die ihren Vertrag rückabwickeln wollte, blitzte zuvor bereits vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe ab: Der Versicherer hatte weitestgehend korrekt informiert, aber im Versicherungsschein die zuständige Aufsichtsbehörde sowie deren Adresse nicht angegeben (Beschluss vom 25.3.2021, 12 U 43/21).

Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens soll das Pflegegeld mit einbezogen werden, so ein Insolvenzverwalter. Dieser Auffassung widersprachen allerdings die Richter am Bundesgerichtshof (BGH). Wie sie ihren Beschluss begründeten.

Der Insolvenzverwalter einer Schuldnerin wollte, dass zur Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens das Arbeitseinkommen mit dem Pflegegeld zusammengerechnet wird. Denn die Schuldnerin erhielt für die Versorgung ihres autistischen Sohnes, der bei ihr wohnt, ein solches Pflegegeld.

Die Vorinstanzen lehnten das Begehren des Insolvenzverwalters u.a. mit Verweis auf § 54 SGB I ab. Dort heißt es in Abs. 3 Nr. 3, dass Sozialleistungen, die zum Ausgleich körper- oder gesundheitsbedingten Mehrbedarfs bestimmt seien, unpfändbar sind.

Dieser Auffassung widerspricht der BGH in seinem Beschluss vom 20.10.2022 (IX ZB 12/22). Das von der Frau bezogene Pflegegeld stelle keine Sozialleistung dar, die den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterliegt. Denn die Frau ist gar nicht pflegebedürftig, sondern übernimmt als Pflegeperson die Pflege eines Pflegebedürftigen. Das Pflegegeld steht nur dem Pflegebedürftigen zu, betonten die Richter. Im vorliegenden Fall wird das Pflegegeld an die Pflegeperson weitergeleitet (§ 37 SGB XI) und ist deshalb unpfändbar (§ 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB).

Pflegegeld kein Entgelt für Pflegeperson

“Das Pflegegeld stellt seiner Konzeption nach kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegeleistungen dar”, schreiben die BGH-Richter in ihrem Beschluss. Zu den Zielsetzungen dieser Leistung gehört es, die Autonomie des Pflegebedürftigen zu stärken und einen Anreiz für die Aufnahme und Fortsetzung einer häuslichen Pflege zu schaffen.

Diese Ziele würden nicht erreicht, “wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber als nach den allgemeinen Vorschriften pfändbares Arbeitseinkommen behandelt würde”, führten die Richter aus.

Pflegegeld, das weitergeleitet wird, ist eine freiwillige Leistung des Pflegebedürftigen an die Pflegeperson. Ein Anspruch auf Weiterleitung besteht nicht. Der Pflegebedürftige könnte die Weiterleitung des Pflegegeldes beenden und das Geld anders einsetzen. Es bleibt Sache des Pflegebedürftigen, wie das Pflegegeld verwendet wird. Auch dieser Umstand stünde einer Pfändbarkeit des Pflegegeldes entgegen, so der BGH.

Wer bereits vor dem 01. Januar 2019 eine Erwerbsminderungsrente bezog, hat keinen Anspruch auf Neuberechnung. Das entschied das Bundessozialgericht.

Das Bundessozialgericht in Kassel entschied am gestrigen Donnerstag, dass Rentner, deren Erwerbsminderungsrente bereits vor dem 1. Januar 2019 begann, keinen Anspruch auf eine Neuberechnung ihrer Rente nach den inzwischen geltenden, deutlich günstigeren Regelungen haben. Bestandsrentner können demnach nicht verlangen, dass bei ihrer Rente Zurechnungszeiten in demselben Umfang berücksichtigt werden, wie das bei den ab 2018 und vor allem bei den ab 2019 neu bewilligten Renten geschieht.

In zwei Revisionsverfahren (Aktenzeichen B 5 R 29/21 R und B 5 R 31/21 R) forderten die Kläger – jeweils Bestandsrentner – eine Gleichbehandlung und deshalb eine Berücksichtigung der verlängerten Zurechnungszeiten auch bei ihren Renten. Die Vorinstanzen lehnten das ab – und nun bestätigte das Bundessozialgericht die Entscheidungen. So schrieben die Sozialrichter: “Der 5. Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Begrenzung der zum 1. Januar 2018 und 1. Januar 2019 eingeführten Leistungsverbesserungen auf die ab diesen Stichtagen neu hinzukommenden Erwerbsminderungsrentner dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes widerspricht.” Ein Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz) sei nicht feststellbar, so das Bundessozialgericht. Die Richter führten aus, dass die vom Gesetzgeber angeführten Gründe für die Differenzierung zwischen Bestands- und Neurentnern sachlich nachvollziehbar und nicht willkürlich sind. Es würde einem Strukturprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, dass Leistungsverbesserungen ebenso wie Leistungskürzungen grundsätzlich nur für neu bewilligte Renten gelten. Zudem durfte der Gesetzgeber auch auf den erheblichen organisatorischen und finanziellen Mehraufwand bei sofortiger Einbeziehung der Bestandsrentner abstellen, so das Bundessozialgericht.

Ferner war zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mittlerweile für die Bestandsrentner einen Zuschlag zu ihrer Erwerbsminderungsrente und ebenso zu einer daran anschließenden Altersrente eingeführt hat, der ihnen ab dem 1. Juli 2024 zustehen wird, hieß es vom Bundessozialgericht.

Laut Sozialverbänden, die die Klagen unterstützten, sind 1,8 Millionen Menschen in Deutschland von dieser Entscheidung betroffen. Die Verbände kündigten an, die Gesetzgebung vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe überprüfen zu lassen.

Verlässt ein Schüler den Schulhof, um zu rauchen, steht er nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts hervor.

Im Januar 2018 verließ ein damals volljähriger Gymnasiast in der Pause den Schulhof, um im angrenzenden Stadtpark Zigaretten zu rauchen. Bei dem stürmischen Wetter wurde der Schüler durch einen herabfallenden Ast verletzt und erlitt neben weiteren Verletzungen ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Auf dem Klageweg wollte der Schüler diesen Unfall als Arbeitsunfall von der Unfallkasse anerkannt bekommen.

Immerhin war es den Schülern erlaubt, das Schulgelände zu verlassen, um zu rauchen. Doch für die Bewertung, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelte, spielte das keine Rolle. Der Aufenthalt im Park zum Zeitpunkt des Unfalles erfolgte außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Schule, so das Bundessozialgericht in Kassel (Aktenzeichen B 2 U 20/20 R).

Anders als das Verlassen der Schule zum Zwecke der Beschaffung von erforderlichen Nahrungsmitteln steht die Einnahme von Genussmitteln mit dem Schulbesuch in keinem sachlichen Zusammenhang, stellten die Richter heraus.

Die Fluggastrechte-Verordnung sieht Entschädigungen vor, wenn unter bestimmten Umständen ein Anschlussflug verpasst wird. Doch lagen diese Umstände vor? Das klärte das Amtsgericht Frankfurt am Main.

Zwei Reisende verpassten ihren Anschluss-Flug von London nach Frankfurt am Main. Das Gepäck war nicht bis in die Hessen-Metropole durchgebucht worden, durch die Warte- und Bearbeitungszeiten bei der erneuten Gepäck-Aufgabe wurde der Flug nach Frankfurt verpasst.

Die durch Umbuchung entstanden Mehrkosten wollten die Reisenden ebenso wie eine Ausgleichszahlung wegen verspäteter Beförderung. So ist es in der Fluggastrechte-Verordnung vorgesehen.

Doch dort ist die Ausgleichszahlung auch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die sahen die Richter im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Denn Ansprüche gegen die Airline können nur geltend gemacht werden, wenn der Flug über die Gesamtstrecke als einheitlicher Flug gebucht wurde.

Das war nicht der Fall. Zwar erwecke die Buchungsbestätigung des Flugreise-Portals den äußerlichen Anschein, dass es sich bei den Teilstrecken um eine zusammenhängende Verbindung handle, tatsächlich seien aber zwei einzelne Flüge gebucht worden.

Das wurde den Fluggästen auch mittels separater Buchungsnummern und Einzelpreise für die zwei Flüge mitgeteilt.
Die Frankfurter Richter wiesen die Klage der Fluggäste als unbegründet ab (Az.: 32 C 586/21 (90)). Das Urteil rechtskräftig.

Ein Wohngebäudeversicherer wollte Leistungen kürzen, weil er Obliegenheiten verletzt sah. Doch die Ausgestaltung der Obliegenheiten fehlte in den Bedingungen. Wie das OLG Frankfurt den Fall entschied.

Erwartet ein Versicherer, dass bestimmte Wartungs- oder Prüfarbeiten regelmäßig und/oder durch einen Fachbetrieb vorgenommen werden, muss der Versicherer das klar und eindeutig in seinen Versicherungsbedingungen formulieren. Zu diesem Schluss kamen die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 7 U 71/21).

Im zu Grunde liegenden Fall war die Hebepumpe einer Rückstau-Sicherung ausgefallen. Das wiederum sorgte für eindringendes Wasser und einen entsprechenden Schaden im versicherten Wohngebäude.

Der Versicherer verweigerte aber die volle Deckung des Schadens und berief sich darauf, dass die Anlage seit Bestehen des Hauses nicht geprüft worden sei.

Der Versicherte gab jedoch an, die Prüfung der Anlage selbst vorgenommen zu haben.
Der Versicherer erhob daraufhin den Vorwurf, dass der Kläger durch Falschangaben zur Wartung Einfluss auf die Regulierung zu nehmen versucht und sah deshalb den Verwirkungsgrund der arglistigen Täuschung erfüllt. Dass die Obliegenheit, die Rückstausicherung funktionsbereit zu halten, grob fahrlässig verletzt wurde, hielt der Versicherer ebenfalls aufrecht. Der Versicherer argumentierte, dass die Wartung nach DIN 1986, Teil 33 hätte durchgeführt werden müssen. Und zwar aller zwei Jahre durch einen Fachbetrieb.

Allerdings war in der entsprechenden Klausel keine Rede davon. Dort (VGB 2011) heißt es, dass der “Versicherungsnehmer zur Vermeidung von Überschwemmungs- bzw. Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten” hat. Zudem war ein Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit vereinbart.

In dieser Formulierung erkannten die Richter am Frankfurter Oberlandesgericht keine wirksame Wartungsobliegenheit. “Wegen der einschneidenden Sanktionen, die an eine Obliegenheitsverletzung geknüpft sind, muss das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich vereinbart sein, klar und eindeutig erkennen lassen, was im Einzelnen verlangt wird”, begründeten die Richter. Der Versicherer benennt in seiner Klausel weder Wartungs- noch Instandsetzungsobliegenheit. Entgegen der Auffassung des Versicherers knüpft die Klausel schon gar nicht an eine DIN-gerechte Wartung an, so die Richter. “Es bleibt vielmehr im Ungewissen, welche Verhaltensweisen dem Versicherungsnehmer zur Erhaltung des Versicherungsschutzes konkret abverlangt werden sollen”, heißt es im Urteil.

Der Versicherer muss die ausstehenden Kosten für die Beseitigung des Wasserschadens nebst Zinsen übernehmen.

Muss die Hausratversicherung einen Sonnenschirm ersetzen, der während eines Sturms auf dem Balkon verblieb und dort beschädigt wurde? Wie das Amtsgericht Freiburg entschied.

Die Saison der Sommerstürme hat begonnen und in Teilen Deutschlands wird vor einzelnen Gewittern inklusive Starkregen mit bis zu 25 l/ qm in kurzer Zeit gewarnt. Welche Schäden bei solchen Wetterlagen auftreten können, zeigt ein Fall, der vor dem Amtsgericht Freiburg verhandelt wurde.

Dort klagte ein Mann gegen seinen Hausratversicherer und wollte so für den Schaden an seinem Sonnenschirm entschädigt werden. Dieser Schirm befand sich während eines Unwetters noch auf dem Balkon des Klägers.

Der Versicherer sah sich allerdings nicht in der Leistungspflicht und argumentierte, dass Gegenstände, die sich während eines Unwetters außerhalb schützender Räume befinden, nicht vom Versicherungsschutz eingeschlossen seien. Ausnahmen gelten nur für Markisen und Antennenanlagen.

Gegen die entsprechende Klausel richtete sich die Klage des Mannes. Er hielt die Klausel für überraschend und sie würde ihn unverhältnismäßig gegenüber der Versicherung benachteiligen und sei deshalb unwirksam.

Dieser Auffassung wollten sich die Richter am Amtsgericht Freiburg (Az.: 6 C 468/21) nicht anschließen. Die Richter konnten in Versicherungsbedingungen, die vorsehen, dass bei Sturm und Hagel keine Entschädigung für Gegenstände außerhalb der schützenden Wohnung gleistet wird, keine unverhältnismäßige Benachteiligung des Versicherten erkennen.

Der Sonnenschirm hätte ohne großen Aufwand in einem Gartenhäuschen oder in der Wohnung in Sicherheit gebracht werden können. Umgekehrt seien mögliche Schäden bei einer Lagerung im Freien für den Versicherer nicht kalkulierbar. Die Richter attestierten dem Versicherer in diesem Fall Leistungsfreiheit.

Übrigens: Mit einem modernen Hausrat-Tarif hätte dieser Rechtsstreit vermieden werden können. Denn es gibt durchaus Versicherer, die auch für Gartenmöbel, Grill, Sonnenschirm oder Spielgeräte Versicherungsschutz anbieten.

‚Wer krank ist, bleibt zuhause‘ – dieser Grundsatz findet nicht überall Beachtung. Und das kann Folgen haben. So musste ein Geschäftsführer die Kosten einer abgesagten Hochzeit übernehmen. Wie es dazu kam.

August 2020: Der Geschäftsführer einer Firma kam aus seinem Italien-Urlaub zurück und ging trotz deutlicher Erkältungssymptome ins Büro. Für auswärtige Termine nutze er gemeinsam mit einer Angestellten ein Auto – ohne einen Mund-Nasen-Schutz.

Tatsächlich wurde der Mann nur wenige Tage später positiv auf Corona getestet. Das Gesundheitsamt ordnete deshalb für ihn und seine Angestellte – als Kontaktperson – Quarantäne an. Für die Frau kam das besonders ungelegen: Sie musste die geplante kirchliche Trauung und die anschließende Hochzeitsfeier absagen. Mit der Absage der Feierlichkeiten waren dennoch Kosten verbunden: Für Raummiete, Band, Catering usw. wurden etwas mehr als 5.000 Euro fällig.

Zwar sprach das Arbeitsgericht Regensburg der Frau in erster Instanz Schadenersatz zu. Doch der Geschäftsführer legte Revision gegen dieses Urteil ein. Er argumentierte u.a. dass die Quarantäne auch verhängt worden wäre, wenn er und die Angestellte Mund-Nasen-Schutz im Fahrzeug getragen hätten. Zudem wollte er eine Mitschuld der Angestellten festgestellt wissen: Die Frau hätte nicht mit ihm gemeinsam im Auto fahren müssen.

Doch auch das Landesarbeitsgericht München (Az.: 4 Sa 457/21) konnte sich dieser Argumentation – wie die Vorinstanz – nicht anschließen. Die Münchener Richter schreiben dazu im Urteil: “Es konnte von der Klägerin nicht erwartet werden, dass sie gegenüber ihrem Vorgesetzten verlangte, ein zweites Auto zu nutzen. Dies wäre einem Hinweis der Angestellten gegenüber dem Geschäftsführer gleichgekommen, dass dieser seinen eigenen Gesundheitszustand nicht ausreichend beachte und nicht adäquat darauf reagiere.” Ein solches Verhalten sei schwer vorstellbar und nicht von der Mitarbeiterin zu verlangen.

Die Richter sahen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber der Angestellten verletzt. Trotz Erkältungssymptomen sei der Geschäftsführer nach seiner Rückkehr aus Italien ins Büro gekommen und hat längere Autofahrten mit der Mitarbeiterin unternommen. Damit verstieß er gegen die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (in der Fassung vom 10.08.2020), nach deren Ziffer 4.2.1. die Arbeitsumgebung so zu gestalten war, dass Sicherheitsabstände von 1,5m eingehalten werden konnten, und jede Person bei Krankheitssymptomen zuhause bleiben sollte.

Die Richter bestätigten das Urteil der Vorinstanz und ließen keine Revision zu. Der Frau steht demnach Ersatz ihres Schadens zu.

Weiterer Gegenstand der Verhandlung waren auch Formulierungen im Arbeitszeugnis der Frau. Denn das Arbeitsverhältnis wurde nicht fortgesetzt.

Müssen Autofahrer das Warnblinklicht anschalten, wenn sie an einem Stauende stehen? Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht Hoyerswerda zu befassen (Urteil vom 8. Juli 2021, Az: 1 C 93/21).

Im verhandelten Rechtsstreit hatte ein Fahrzeughalter geklagt, dessen Frau mit dem PKW auf ein Stauende aufgefahren war. Die Begründung: Der Vorausfahrende habe trotz Stau nicht die Warnblinkanlage angeschaltet. Zudem habe sich der Stau hinter einer schwer einsehbaren Rechtskurve befunden. Deshalb habe das Unfallopfer die Warnblinkanlage anmachen müssen: Dann hätte seine Frau das Stauende auch nicht übersehen. Der Kläger wollte von der Kfz-Haftpflicht des Unfallopfers den eigenen Schaden ersetzt haben.

Doch damit hatte er keinen Erfolg: Das Amtsgericht Hoyerswerda wies die Klage ab. Ob der Vorausfahrende sein Warnblinklicht angeschaltet hatte oder nicht, könne zwar nicht mehr beurteilt werden. Aber das spiele für die Frage, wer den Unfall verursacht habe, auch keine Rolle. Demnach habe seine Ehefrau gegen das Sichtfahrverbot laut Straßenverkehrsordnung verstoßen. Dies besagt, dass ein Fahrzeug nur so schnell gefahren werden dürfe, dass es innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit rechtzeitig angehalten werden kann. So sei die Frau für die Sichtverhältnisse schlicht zu schnell gewesen.

Auch spreche bei einem Auffahrunfall der Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden. Zwar dürften Fahrzeugführer nicht hinter einer Kurve einfach ohne Grund anhalten – doch das gelte nicht in einem Stau, mit dem jederzeit zu rechnen sei. Das Unfallopfer war darüber hinaus nicht verpflichtet, die Warnblinklichtanlage anzuschalten, hob das Gericht weiter hervor. Diese Pflicht gelte, um eine Unfallstelle zu sichern – doch wer im Stau stehe, sei noch kein Unfallbeteiligter, solange sich kein Unfall ereignet hat.

Die Auffahrende war folglich laut Gericht alleinige Unfallverursacherin. Im Stau besteht keine Pflicht, das Warnblinklicht zu nutzen. Dennoch empfehlen viele Automobilclubs und Verkehrsexperten, das Warnlicht anzuschalten, wenn man auf ein Stauende auffährt. So werden nachfolgende Fahrerinnen und Fahrer gewarnt. Es ist eine Kann-Option, kein Muss.

Um gegen unberechtigte Forderungen wie im vorliegenden Fall gewappnet zu sein, empfiehlt sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung mit Verkehrsrecht-Baustein.

Ein aktuelles Urteil zeigt: Wird Geld von einem Sparbuch erpresst, ist ein Hausratversicherer üblicherweise nicht dazu verpflichtet den Schaden zu bezahlen. Doch hier lohnt ein Blick ins Kleingedruckte: Immer mehr Versicherer zahlen auch bei sogenannter räuberischer Erpressung bis zu einer bestimmten Summe.

In einem aktuellen Rechtsstreit geht eine Frau leer aus, die von Einbrechern gezwungen wurde, Geld vom Sparbuch abzuheben und den Kriminellen zu übergeben. Eine durch Erpressung und Androhung von Gewalt erzwungene Sparbuchabhebung falle üblicherweise nicht unter die Leistungspflicht einer Hausratversicherung, so führte das Oberlandesgericht Köln mit einem Hinweisbeschluss aus (Az. 9 U 172/20).

Konkret hatten sich Einbrecher Zugang zum Haus der Klägerin verschafft. Bargeld fanden sie keines vor – aber ein Sparbuch mit 6.000 Euro Guthaben. Sie überwältigten die Tochter der Frau, die sich ebenfalls im Haus befand, und drohten ihr Gewalt an, sollte die Frau nicht bereit sein, zur nahegelegenen Postbank zu laufen und das Geld vom Sparbuch abzuheben. Was die Frau schließlich auch tat.

Als sie das Geld schließlich von ihrem Hausratversicherer erstattet haben wollte -geklaute Sparbücher waren bis zu einer bestimmten Summe laut Vertrag mitversichert- verweigerte diese die Regulierung des Schadens. Völlig zu Recht, wie das OLG Köln bestätigt hat. Demnach erstrecke sich der Versicherungsschutz nicht auf Sachen, die an den Ort der Wegnahme bzw. Herausgabe erst auf Verlangen der Täter herangeschafft werden müssen. Das Bargeld habe sich nicht am Versicherungsort befunden -eben dem Haus der Frau-, sondern in der nahegelegenen Postbank.

Sachen am Versicherungsort sind versichert

Das Oberlandesgericht hob erneut darauf ab, dass für die Auslegung der relevanten Allgemeinen Hausrat-Bedingungen entscheidend sei, wie ein “durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei aufmerksamer Durchsicht und verständiger Würdigung” den Sinnzusammenhang verstehe. Demnach seien in Hausrat-Policen -soweit es der Vertrag nicht anders formuliert- “körperliche Gegenstände” versichert, “die einem Haushalt zur Einrichtung oder zum Gebrauch oder Verbrauch dienen können”. Das gelte auch für Diebstahl oder Raub. Nicht versichert seien hingegen körperlose Forderungen, wie sie auch die Forderungen aus einem Sparbuch darstellen.

Hier fiel es der Frau auf die Füße, dass sich das Geld nicht bereits in der Wohnung befunden hatte, sondern erst herangeschafft werden musste. Die Richter erklärten auch den Sinn der Regel: Der Versicherer habe ein Interesse daran, den Schutz auf jene Gegenstände zu beschränken, die sich zum Tatzeitpunkt am Versicherungsort befinden, folglich in dem versicherten Haus bzw. der versicherten Wohnung. Sonst werden die Tarife schlicht nicht kalkulierbar und würden auch für den Versicherer ein beinahe unbegrenztes Kostenrisiko darstellen. Oder wie es im Urteilstext heißt: “Das Risiko der Prämienkalkulation [wäre] nicht beherrschbar”.

“Räuberische Erpressung” in neueren Verträgen oft enthalten

Entsprechend sind in den Hausrat-Vertragsbedingungen die versicherten Summen für Wertsachen, Geld, Sparbücher etc. in der Regel auch auf einen bestimmten Höchstersatz gedeckelt. Hier lohnt ein genauer Blick in die Verträge, was versichert ist und in welchem Umfang: ein Versicherungsexperte kann da helfen. Übrigens auch mit Blick auf das vorliegende Urteil. Denn es handelte sich bei dem Vorfall um eine sogenannte räuberische Erpressung. Und neuere Verträge sehen auch hierfür bestimmte Ersatzleistungen vor.