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Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofes gibt Autokäufern Hoffnung, die sich im sogenannten Dieselgate-Skandal von VW oder einem anderen Autobauer getäuscht sahen. Demnach wurde der Autobauer dazu verurteilt, dass klagende Käufer ihr Auto zurückgeben und das Geld dafür einfordern können: Wenn auch unter Anrechnung der gefahrenen Kilometer. Noch immer sind mehr als 60.000 Klagen gegen die Autohersteller anhängig.

Wenn Verbraucher einen Diesel von Volkswagen bzw. einer Firmentochter gekauft haben, dessen Abgaseinrichtung manipuliert wurde, ist der Autobauer zu Schadenersatz verpflichtet. Das hat heute der Bundesgerichtshof mit einem viel beachteten Urteil entschieden, wie übereinstimmend mehrere Medien berichten. Allerdings muss sich der Käufer die Wertminderung durch die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen (Az. VI ZR 252/19).

Verbraucher, die noch immer gegen VW in Sachen Dieselgate klagen, gibt das Urteil neue Hoffnung. Noch immer sind mehr als 60.000 Klagen gegen den Konzern anhängig, wie die Wolfsburger berichten: Rechtsstreite, in denen es folglich weder ein rechtskräftiges Urteil gibt noch ein Vergleich zwischen VW und Autokäufer zustande kam.

Vorsätzlich und sittenwidrig

Im BGH-Urteil fällte das oberste deutsche Zivilgericht ein deutliches Urteil. Der Käufer eines VW Sharan sei vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt worden, so hoben die Richter hervor. Der Käufer soll nun 25.600 Euro plus Zinsen für die verstrichene Zeit erhalten.

Positiv: Nachdem sich die Rechtsschutzversicherer zunächst gesträubt hatten, die Kosten für derartige Rechtsstreite zu übernehmen, haben sie in den letzten Jahren überwiegend die Rechtskosten erstattet, wenn ein Verbraucher in Sachen Dieselgate geklagt hat. Über alle Instanzen hinweg sind hier Ansprüche von mehr als 23.000 Euro möglich, um die Honorare für Anwälte, Verfahrenskosten etc. vorzuschießen. Allein in den Jahren vom Bekanntwerden des Dieselgate-Skandals bis 2019 mussten die Versicherer bereits 380 Millionen Euro erstatten, wie die Versicherungswirtschaft errechnet hat.

90 Prozent der Geschädigten stimmten einem Vergleich zu

Wer bisher noch nicht klagte, dürfte aber Pech haben: Viele Ansprüche dürften mittlerweile verjährt sein. Rund 90 Prozent der betroffenen Diesel-Kunden bzw. 235.000 Autofahrer haben zudem einen Vergleich mit VW zugestimmt: und dadurch ihre rechtlichen Ansprüche abgetreten. Sie werden zwar auch entschädigt, erhalten aber deutlich weniger: zwischen 1.350 und 6.250 Euro Schadenersatz.

Wer weiter klagt, hat nun gute Chancen, weit mehr Geld zu erhalten. Wie immer im deutschen Recht zählt aber der jeweilige Einzelfall: Jeder muss sein Recht allein durchfechten. Der BGH hat für Juli bereits die nächsten Verhandlungen angesetzt. Geklärt werden soll unter anderem, ob auch Ansprüche gegen Autohändler durchgesetzt werden können statt gegen den Autobauer – und ob Käufer Ansprüche haben, die erst nach dem Bekanntwerden des Skandals einen Diesel kauften. Auch die Ansprüche von Leasing-Nehmern sind noch ungeklärt.

Die Kosten für Rechtsstreite steigen deutlich. Allein in den Jahren von 2012 bis 2016 sind die Kosten für Anwälte und Gerichte um ein Fünftel gestiegen, so berichtet nun die Versicherungswirtschaft. Und mahnt: Viele Menschen könnten durch die hohen Kosten davon abgehalten werden, ihr Recht wahrzunehmen. Eine private Rechtsschutzversicherung kann hier Abhilfe schaffen.

Wer in einen Rechtsstreit verwickelt wird oder selbst klagen will, muss in Deutschland immer höhere Kosten akzeptieren. Nach einer Analyse des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben sich die Kosten für die jährlich rund 1,4 Millionen Rechtsschutzfälle, die von Versicherern übernommen wurden, deutlich erhöht. Die Ausgaben nur für Anwälte und Gerichte stiegen demnach von 2012 bis 2016 um 19 Prozent. Das teilt der Verband am Mittwoch in einem Pressetext mit.

VW-Skandal: 6.500 Euro Kosten in erster Instanz

Was das bedeutet, verdeutlicht der Verband am Dieselgate-Skandal. Der Autobauer VW und einige andere Konzerne haben die Käufer mit beschönigten Abgaswerten getäuscht. Doch statt Schadensersatz wie in den USA zu erhalten, wo VW in Summe 7,4 Milliarden Dollar an 350.000 Kunden ausschütten musste, gingen deutsche Fahrer leer aus. Sie sollten mit einer Software-Nachrüstung Vorlieb nehmen, deren Nutzen zweifelhaft ist.

Also klagten viele Verbraucher. Doch ein rechtliches Vorgehen gegen Händler oder Hersteller könne bereits in der ersten Instanz mehr als 6.500 Euro kosten, wobei notwendige Sachverständigenkosten noch nicht einmal eingerechnet sind. Allein für den Anwalt müssen zunächst rund 5.400 Euro berappt werden, das Gericht verlangt weitere 1.100 Euro. Über alle Instanzen hinweg sind bis zu 23.000 Euro an Kosten möglich.

Aufgrund der hohen Kosten warnen die Versicherer, dass viele Bürger darauf verzichten, ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen. Sie schlagen vor, bei weniger aufwendigen Verfahren die Kosten für Anwälte zu deckeln. Recht müsse für alle bezahlbar bleiben — auch Menschen mit weniger Geld.

85 Prozent für Anwaltshonorare

Beim Thema Kosten kommt nun die Rechtsschutzversicherung ins Spiel. Sie trägt tatsächlich dazu bei, dass für viele Menschen der Gang vor Gericht bezahlbar bleibt. Allein im VW-Skandal haben bis Ende 2018 etwa 144.000 Diesel-Fahrer ihre Rechtsschutzversicherung genutzt, berichtet der GDV. Die erstatteten Kosten bezifferten sich bisher auf rund 380 Millionen Euro.

Der Großteil der gezahlten Gelder geht übrigens an Anwälte. Im Jahr 2017 wendeten die Rechtsschutzversicherer für 4,1 Millionen Streitfälle rund 2,7 Milliarden Euro auf, wovon 85 Prozent für Anwaltshonorare gezahlt wurden. Apropos Dieselgate: Am Freitag hat der Bundesgerichtshof (BGH) per Pressetext berichtet, dass er die illegalen Abschalteinrichtung als Sachmangel einschätzt. Das könnte die Rechte der Kunden stärken — auch wenn die genauen Konsequenzen noch unklar sind, weil es nach wie vor kein höchstrichterliches Urteil gibt.

Der VW-Skandal hat die Bundesbürger aufgeschreckt. Auch hierzulande müssen Millionen Dieselautos in die Werkstätten, weil in ihnen Software verbaut wurde, die allein der Manipulation der Abgaswerte dient. Aber wer haftet für den Schaden? Und welche Fahrzeugmodelle sind überhaupt betroffen?

Grundsätzlich gilt: Der Volkswagen-Konzern muss für den verursachten Schaden einstehen, sofern ihm eine Manipulation nachgewiesen werden kann. Auf seiner Webseite hat VW bereits angekündigt, den Kunden entgegenkommen zu wollen. „Klar ist: Wir übernehmen die volle Verantwortung und auch die Kosten für die notwendigen Maßnahmen“, heißt es in einer Pressemeldung des Autobauers. „Klar ist aber auch, dass das Zeit brauchen wird. Zeit für die Analyse und Zeit, um technische Maßnahmen umzusetzen.“

Alle betroffenen Fahrzeuge seien sicher und fahrbereit, betonten die Wolfsburger zugleich. „Die aktuelle Thematik betrifft ausschließlich die ausgestoßenen Schadstoffe“. Dennoch fühlen sich nun viele Autofahrer getäuscht und betrogen. In Werbekampagnen hat VW immer gern mit seiner ökologischen Verantwortung geworben – die nun ad absurdum geführt wurde.

2,8 Millionen Fahrzeuge bundesweit betroffen

Von den Manipulationen bei Abgasmessungen sind nach aktuellem Kenntnisstand 2,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland betroffen. Das erklärte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Deutschen Bundestag. Und: VW hat nicht nur bei den PKW manipuliert. Nach Angaben von Dobrindt betrifft dies auch leichte Nutzfahrzeuge wie zum Beispiel der Transporter T6 oder VW-Kastenwagen. Wer zum Nachrüsten zurück in die Werkstatt muss, soll von VW per Post angeschrieben werden, wie der Konzern berichtet.

Doch welche Automodelle sind überhaupt mit manipulierter Technik unterwegs? Auch diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Aktuell bekannt ist, dass es Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 betrifft, unter anderem der Golf 6, VW Tiguan und den Passat der siebten Generation.

Leider sind auch Fahrer der Töchter- und Schwestermarken nicht vor Manipulationen sicher. Rund 577.000 Fahrzeuge von Audi sollen hierzulande ebenso betroffen sein wie Modelle des Tschechischen Autobauers Skoda. „Der fragliche Motor (EA 189) sei in den Varianten mit 1,6 und 2,0 Litern Hubraum als Turbodiesel in den Modellen A1, A3, A4 und A6, dem Sportwagen TT sowie den Geländewagen Q3 und Q5 verbaut worden“, heißt es auf Spiegel Online zu den Audi-Modellen. Bei Skoda müssen wohl die Typen Fabia, Roomster, Octavia und Superb in die Werkstatt (Baujahr 2009-13).

Eile ist aktuell nicht geboten

Aktuell arbeitet VW noch an einer Lösung, wie die Diesel möglichst preiswert auf schadstoffärmere Technik umgerüstet werden können. Wer Schadensersatzansprüche gegen VW geltend machen will, muss sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beeilen und kann die Entwicklungen der nächsten Wochen abwarten. Ansprüche auf Schadenersatz gegen Volkswagen oder einer eventuell anderen Automarke bestehen mindestens zwei Jahre, bei einem Gebrauchtwagen mindestens ein Jahr, wie die Deutsche Anwaltshotline in einer Pressemeldung berichtet.

Klar ist, dass VW die Kosten für die Umrüstung höchstwahrscheinlich wird tragen müssen. Werde an deutschen Motoren eine „Manipulation nachgewiesen, kann ein Autokäufer unter Umständen den Kauf rückabwickeln oder die Wertdifferenz erstattet bekommen“, erklärt Anwältin Jetta Kasper von der Anwaltshotline. Wer eine Rechtsschutzversicherung besitzt, kann sich mit ihr in Verbindung setzen, welche Schritte eingeleitet werden können.

Mutmaßlicher Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz

Auch Anleger mit Volkswagen-Aktien können Kursverluste geltend machen. Rechtsanwältin Ulrike Westhauser bewertet die Manipulation als Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Die seit Freitag, den 18. September 2015 öffentlich gewordene Manipulation könnte den Konzernen schon viel länger bekannt sein. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, ist die AG nicht ihren Informationspflichten nachgekommen und damit gegenüber den Aktionären schadenersatzpflichtig. In den letzten Tagen war die VW-Aktie von teils hohen Kursverlusten betroffen.